Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit. Kund sei all unsern Brüdern,
den derzeitigen wie zukünftigen, auf welche Weise ich, THEODERICH, des Klosters
St. MAXIMIN unwürdiger Abt, zu selbiger Zeit, als mir gegeben wurde die Abtei
von meinem Herren Kaiser HEINRICH III., unter vielen Bitten von ihm überzeugt
und durch dessen Autorität bei seinem ersten Verlangen über die Maßen verpflichtet, jenes
sehr große Gut von BRECHINA einem seiner Getreuen namens ANSELM
nicht ohne viele Tränen in Gegenwart selbigen Kaisers mit eigener Hand, jedoch nur auf
Zeit seines Lebens, übertrug. Und so haben wir die Diener ausgenommen,
welche die Herrin WENDELA, da sie selbigen Hof dem hl. MAXIMIN übergab, hatte,
und welche Scharmannen genannt werden, die mit 20 Mansen Landes von uns zurückbehalten
wurden und gar nicht zu selbigem Lehen gehörten. Diese nämlich müssen uns auf dem Hof des hl.
MAXIMIN und wo es sonst nötig ist samt anderen Mannen unseres Hausstandes dienen
brauchen keinem Vogt oder Herrn zu gehorchen außer uns, und brauchen
keinem außer ihnen ebenbürtigen Gericht zu unterstehen. Ihre Namen sind folgende:
AZECHO und REGULO mit ihren drei Brüdern, RUCHER mit einem Kleriker
HUOERCHEN, GUNTRAM, MEIESO, IMIZA mit ihren Söhnen und mehrere andere.
Aus diesem Grund bitte ich im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass keiner meiner Nachfolger
mich darin tadle oder mich mit Fluchen belege, als hätte ich mit Willen
und aus freier Verfügung je ein solches Gut hergegeben; vielmehr rufe ich Gott
und seine Heiligen als Zeugen an, dass ich es wider Willen und unter starkem Zwang getan, denn nicht hätte ich
nach dem Rat von Freunden jenes aus eigener Hand hergegeben, hätte mein Herr, der Kaiser, es ihm für immer
als Geschenk übergeben. Als ich nach dem Tode des ANSELM bereits die Hoffnung, ja Sicherheit
hatte, das genannte Gut müsse an die Kirche zurückfallen, siehe, da haben sich seine Gattin und
ihr Sohn GUNTRAN und GERLACH und OTTO und jene ganze Verwandtschaft an den obengenannten
Kaiser gewandt und dass ich dieses Gut seinem Sohn GUNTRAN gewährte,
setzten sie durch fortgesetzte Bitten endlich doch durch. Bald darauf entstand
eine Fehde zwischen mir und dem Erzbischof EBERHARD, und so erforderte die
Lage der Dinge, die Veste von St. MAXIMIN bewachen und sichern zu lassen;
selbigem GUNTRAN zu mir zu kommen und unterhalb unseres Kastells
auf seine Kosten Wache zu halten, befahl ich bis zu drei Mal, aber keiner Weise
vermochte ich es zu erreichen. Zuletzt endlich zog ich ihn nach den gesetzten Fristen zur
Verantwortung und hätte ihm nach gerechtem und ebenbürtigem Urteil das Lehen, das er von mir
erhielt, zurückfordern müssen, aber auf Bemühen meines Herrn, des Kaisers, der
selbst für ihn eingetreten war, erlaubte ich mir auf folgende Weise mit ihm einen Vergleich, das heißt, dass
er von dem genannten Gut 12 Mansen mir und der Kirche zurückgebe, und weiter
in einem jeden Jahr 12 gemästete Schweine und ebenso viele Kamisole
den Brüdern als Kleidung liefere und solange er das leiste, sein Lehen
ungehindert behalte. Wenn aber er selbst während seines Lebens oder einer seiner
Nachfolger diese Verfügung, von uns und den Brüdern der Kirche getroffen und von ihm
gutgeheißen, breche, verliere er sofort das ganze Lehen und jenes Gut
falle ganz ungeschmälert an die Kirche zurück. Damit also dieses Papier
unserer Verfügung in den kommenden Zeiten unsern Nachfahren kund werde,
haben wir diese Urkunde als Niederschrift anfertigen und, um ihr in Gottes
Namen mehr Kraft zu verleihen, wohlgemerkt, mit dem aufgedrückten Siegel von St.
MAXIMIN auszeichnen lassen.
Besiegelt hat Theodericus, Abt.
Als Digitalisat online (https://apertus.rlp.de/index.php?PLINK=1&ID=7e2be49b-9e31-4cbc-b298-bd6991bf9da2)
Gegenstand sind die Streitigkeiten um das Lehen an Anselm von Molsberg, das Kaiser Heinrich III. auf Bitten der Familie seinem Sohn Guntran zuwies [siehe weiter hinten]. Für Niederbrechen ist dies von Interesse, da hier der Umfang des Besitzes als "sehr großes Gut" bezeichnet wird (offenbar sind darin die zugehörigen Güter in Niederselters und Laubuseschbach miteingeschlossen).
Es wird (wenn auch nur hier) die Stifterin "Herrin Wendela" genannt, deren äußerst umfangreiche Schenkung von Kaiser Arnulf (893) und dem Lothringer König Zwentibold (897) bestätigt wurde. Wer sie war, liegt im Dunkeln, aber ich vermute bei den Konradinern (Gemahlin von Gaugraf Gebhard oder dessen Sohn Udo - beider Namen sind nicht überliefert). Leider liegt vieles im Dunkeln, da beim Normannensturm 882 alle älteren Maximiner Urkunden vernichtet wurden. Dies mag auch der Grund für die Bestätigungen durch Arnulf und Zwentibold gewesen sein. Zwei weitere Söhne Gebhards spielen hier offenbar eine Rolle: Waldo als Abt von St. Maximin und Berthold als Erzbischof von Trier. Daher ist die Zeit um 880 (vor dem Normannensturm) für die Wendela-Schenkung anzunehmen.
Bemerkenswert sind auch die von Theoderich erwähnten "Scharmannen" (Ministeriale zum Schutz der Klostergüter, wie wir sie auch aus Prüm kennen), denen 20 Mansen zur Versorgung zustanden und die vom Lehen an die Molsberger ausgenommen waren. 20 Mansen oder Huben sind eine Menge Land, ungefähr 200 ha. Das lässt erahnen, wie umfangreich das "sehr große Gut" war. Noch Ende des 18. Jh. gehörten Kurtrier (als Nachfolger der Molsberger), nahestehenden Adligen und der Pfarrei gut die Hälfte der Alt-Brechener Gemarkung (ohne Bergen). Hinzu kamen die Güter in Niederselters und in bzw. um Laubuseschbach - allein der herrschaftliche Hörderhof bei Blessenbach hatte ca. 120 ha, davon 35 ha Wald.
Bei Müller (1967) ist zweimal (S. 25 und 99) von einem Burghaus die Rede, das 1023 erstmals erwähnt sei. Leider wird hierzu keine Quelle angegeben und im Heimatbuch von 1925 wird nur allgemein auf die Molsberger als Burgherren verwiesen, deren Burg in Niederbrechen 1320 von Kurtrier zerstört wurde. In der Urkunde von Kaiser Heinrich II. von 1023 erscheint jedenfalls keine Burg und trotz intensiver Suche konnte ich keinen anderen Hinweis finden. Vielleicht hat Müller sich auf die Theoderich-Urkunde bezogen, die in der Tat ein "castrum sancti Maximini" bzw. "castellum" erwähnt wird, welches der Lehensmann Guntran in einer Fehde der Abtei mit Erzbischof Eberhard trotz mehrfacher Aufforderung durch den Abt sich weigerte zu verteidigen. Hiermit ist aber (wie schon Hontheim anmerkt) der Bering der Abtei in Trier gemeint, welcher wohl als Konsequenz des Normannensturms im Zuge des Wiederaufbaus errichtet wurde. Zudem konzentrierte sich die damalige Fehde auf den Trierer bzw. Luxemburger Raum und noch lange nicht auf das Lahngebiet (dies geschah erst im 14. Jh.). Und Guntram selbst hätte - wäre es um eine Burg in Brechen gegangen - ein hohes Interesse gehabt, sein Lehensgut gegen den Erzbischof zu verteidigen.
Die Urkunde von Theoderich beinhaltet letztlich einen Vergleich mit Molsberg in Form von 12 Mansen und jährlichen Abgaben. Dafür wurde das Lehen erblich und spätestens um 1200 gelang es den Molsbergern, die Güter in Niederbrechen, Niederselters, Laubuseschbach etc. der Abtei völlig zu entfremden, denn in späteren Güterverzeichnissen taucht dieser Besitz nicht mehr auf.
Unter der Annahme, dass die Scharmannen des 11. Jh. am Hauptort Niederbrechen ansässig waren, haben wir in der Theoderich-Urkunde die Namen der ältesten überlieferten Niederbrechener aus der Zeit um 1055 vor uns: Azecho, Regulo, Rucher, Huoerchen, Guntram, Meieso und Imiza. Letztere mag die Witwe eines Ministerialen gewesen sein, deren Söhne ebenfalls im Dienst der Abtei standen.
(Die Niederbrechener Scharmannen werden in dem Artikel "Königsfreie und Scharmannen" von Wisplinghoff (Rh. Vierteljahresblätter 28, 1963, S. 200-217) eigens diskutiert: https://digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de/periodical/pageview/7855050 )
[Diese Ausführungen sind freundlicherweise am 25.07.2024 von Bernold Feuerstein zur Verfügung gestellt worden]
Einige geschichtliche Hintergründe:
1023 In einer Belehnungsurkunde verschiedener Ländereien ("Mansen") aus dem Besitz der Abtei St. Maximin durch Kaiser Heinrich II. an Getreue, wird der "Hof Prichena" ausdrücklich ausgenommen: "der Ertrag des Hofes [ist] ausdrücklich zur Befriedigung der Bedürfnisse der Brüder für bessere Ernährung, für Beschaffung von Beinkleidern, Mänteln und Tischgewändern zur Pflege der Kranken und Speisung alter Leute bestimmt"; festgelegt wird ferner, dass das Kloster keine dem Kloster gehörenden Besitzungen als Lehen weitergeben darf.
1044 In einer Urkunde bestätigt Kaiser Heinrich III. dem Kloster St. Maximin den Besitz Prichenas mit Aufführung der Zweckbestimmung und dem Hinweis, dass der Besitz nicht belehnt werden darf.
1048 Nach dem Tod von Poppo, Abt des Klosters St. Maximin in Trier (25.01.1048), wird sein Nachfolger Theoderich von Kaiser Heinrich III. gezwungen, den Hof Prichena an Anselm I. von Molsberg zu übergeben; - "unter vielen Tränen", wie er einige Jahre später in einer Niederschrift bekennt.
16.01.1051 In einer Bulle bestätigt Papst Leo IX. dem Kloster St. Maximin u.a. auch einen Hof "Prichina im Einrichgau, den Unser obgenannter geliebter Sohn, Kaiser Heinrich selbigen Brüdern vor einigen Jahren wegnahm, jetzt aber zurückgab, gemahnt durch Unsere schutzwährende apostolische Autorität."
21.01.1051 Vermutlich auf Veranlassung von Papst Leo IX. verlangt Kaiser Heinrich III. von Anselm I. von Molsberg den "Hof Prichina im Einrichgau, mit allem, was dazugehört …", wieder an die Abtei St. Maximin in Trier zurückzugeben und bekennt: "… zu Unrecht haben wir dem Abt Theoderich befohlen, ihn einem gewissen Anselm als Lehen zu geben". Anselm I. von Molsberg gibt allerdings das Lehensgut "Prichina" nicht an die Abtei zurück.
nach 1052 Nach dem Tod von Anselm I. von Molsberg (um 1052) erfolgen Bemühungen seitens seiner Witwe und Verwandten, den Besitz Prichinas für seinen Sohn Guntram zu erhalten (Prichina wäre wieder an das Kloster St. Maximin zurückgefallen).
Verfasser: Arbeitskreis Historisches Brechen, 05.09.2024, -GB