Verordnung des Trierer Erzbischofs und Kurfürsten Johann VII. von Schönenberg vom 31.08.1586 "wie die Verbrechen im Send zu strafen"

Veranlassung zu dieser Verordnung gab, wie in der Einleitung weitläufig auseinandergesetzt, eine Visitation zu Dietkirchen, bei der sich fand, "daß allerhandt ergernuß daselbst eingerissen", die Kirche an Sonn- und Feiertagen mit geringer Andacht besucht und das Amt der heiligen Pfarrmesse angehört, sondern vielmehr äußerlichen Geschäften nachgegangen und Spazieren und andern üppigen Sachen abgewartet werde, mit Fluchen und Schreien sich Gotteslästerungen zutrügen und in Haltung der gebotenen Fasttage die Gebote Gottes und der Kirche überschritten würden. Zur Ehre Gottes und zur Beförderung der Untertanen Seelen Seligkeit sollen die Verbrecher zukünftig nach Ordnung der Sendstrafen, wie sie in der erzbischöflichen Agende enthalten seien, gestraft werden, vorbehaltlich höherer Strafen durch Offizialen und Amtleute. Die Senddechanten und Schöffen sollen die Strafen nach Alter und Stand der Übeltäter, nach Art oder Wiederholung der Vergehen mehren oder mindern, strenger zu bestrafende Taten der Obrigkeit anzeigen und für Vernunftlose und Minderjährige die Angehörigen belangen.

 

1. Wer der Kirche Freiheit und Herrlichkeit verhöhnet oder verletzt mit Schelten und Schmähungen, soll dem Send verfallen mit                                                                                         2 fl       - Alb.

2. Wer der Kirche notwendigen Bau oder was zu derselben zeitiger Aufenthaltung dient, mit merklicher Nachlässigkeit versäumt, soll erlegen                                              1 fl.      - Alb.

3. Wenn Vieh auf Weideplätzen angetroffen wird, soll der Besitzer geben von

1 Ochsen oder Pferd       - fl.       6 Alb.
1 Schwein, Bock oder Geiß  - fl.       4 Alb.
1 Gans oder Ente  - fl.       1 Alb.
1 Schaf oder Kalb  - fl.       2 Alb.

 

4. Wenn ein Pastor oder Geistlicher, ein Kirchenmeister oder Glöckner in seinem Amt oder Beruf etwas durch Unfleiß oder Fahrlässigkeit versehen würde, daraus Schaden, Verwüstung, Kirchenschande oder

Ärgernis erfolgen möchte, soll ergeben                                                        - fl.       6 Alb.

und wo es hingehört, soll es angebracht werden.

5. Wer aus Versäumnis Einiges der heiligen Sakramente zu gebührlicher Zeit unterlassen oder nicht auf seinen Wert achten würde, soll erlegen                                            - fl.       6 Alb.

Da aber jemand die Kindtaufe versäumen, dieselbe zu sich gefahrlich legen,

item zu der österlichen und Sterbezeit nicht beichten, das hl. Sakrament des Altars nicht empfangen, die heiligen Sacramente verachten würde, soll bestraft und daneben der Obrigkeit angezeigt werden.

6. Da einer seinen Pastor oder sonst eine Geistliche Person merklich ansprechen oder freventlich mit öffentlichen Ärgernis überfallen würde, soll dem Send erlegen       6 fl.      - Alb.

Desgleichen, da sich jemand gegen einen Sendschöffen seines Amts halber vergreifen und mißhandeln würde, soll zur Strafe entrichten                                                                               4 fl.      - Alb.

Da er aber einen schmeißen, verletzen oder blutrünstig machen würde, soll dem Send mit                                                                                                                                           6 fl.      - Alb.

verfallen sein und der Obrigkeit angegeben werden.

7. Welcher in rechtmeßigen ban unachtsamlich verharret, soll dem Synode zum voraus

                                                                                                                                  1 fl.      - Alb.

geben und der Obrigkeit angezeigt werden.

8. Wer einige Zauberei, Wahrsagerei oder Segnerei besucht, oder Rats pfleget, soll erlegen                                                                                                                                        2 fl.      - Alb.

Die Wahrsager aber und dergleichen Leute sollen denunciert und neben Entrichtung der Sendstrafen gebürlicher Weise angesehen werden.

9. Soll ein unziemlicher Schreier und Gotteslästerer jedesmal geben                    - fl.       12 Alb.

10. Soll ein öffentlich bekenntlicher Meineidiger zu geben schuldig sein                3 fl.      - Alb.

11. Wer an Sonn- oder gebotenen Feiertagen mit öffentlichen Ärgernis nicht feiert, sondern sich im Feld mit Handwerks- oder Gewerbsarbeit, auch mit Fuhren, Tragen und Schroten finden läßt, soll erlegen                                                                                                        4 fl.      - Alb.

Diejenigen aber, welche ihr Gesinde dieselben Tage vom Gottesdienst zur Arbeit anhalten, sollen um doppelt so viel gestraft werden.

12. Wenn einer am Sonn- oder heiligen Tag das Amt der Messe und Predigt nicht höret, soll er geben                                                                                                                        - fl.       12 Alb.

13. Wer ohne erhebliche Ursache vor Ende des Amts die Kirch verläßt, gibt        - fl.       6 Alb.

14. Wer ohne Notdurft schwätzt, spaziert oder in der Kirche Händel treibt, soll geben

                                                                                                                                  1 Pfd. Wachs

15. Wer mit Worten oder Werken die Eltern schmähet oder übel hält, soll erlegen 2 fl.    - Alb.

Wer sie aber schmeißen oder verletzen würde, soll härter von dem Send gestraft, auch der Obrigkeit denunciert werden.

16. Da etliche Eltern ihre Kinder bei öffentlicher Übeltat ungestraft lassen, sollen geben

                                                                                                                                  - fl.       6 Alb.

17. Ein Palger, Schläger, Leibletzer soll erlegen                                                    - fl.       12 Alb.

auch bei der Obrigkeit angebracht werden.

18. Sollen Ehebrecher und Ehebrecherinnen "nach geleisteter und bezüchter Beicht drei Sonntage nach einander oben zur hohen Meß-und Predigzeit öffentlich die stein und angezündete Kertz tragen, oder bei der Kertz im ruhndt, bloßhaupts und fuß, die ganze Meß und Predigt andächtiglich auf den Knieen vor dem hochwürdigen Sacrament sitzen und dann den letzten Sonntag nach vergangener Beichte das hochwürdige Sacrament des Altars empfangen. Da er oder sie diese geistliche Strafe nit willig annehmen und bußfertiglich verrichten wollten, sollen sie der Obrigkeit angetragen werden.

19. Welche unehelich bei einander sitzen, sollen sich unaufschieblich scheiden und dem Send geben                                                                                                                         2 fl.      - Alb.

Nach der Scheidung aber beichten und dass hl. Sacrament empfangen, oder der Obrigkeit namhaft gemacht werden.

20. Die in vermeintlicher Ehe sitzen und doch geistlich oder blutlich einander verwandt oder Gott verlobte Leute sind, sollen geben                                                                                           6 fl.      - Alb.

und daneben der Obrigkeit angezeigt werden.

21. Wer sich ohne Spruch des geistlichen Richters selbst scheidet, oder nach ergangenem Ehespruch nicht gehorsam sei                                                                                                5 fl.      - Alb.

und der Obrigkeit geoffenbaret werden.

22. Soll ein offener Wucherer, Falschmünzer, Unrechtsmaßgeber, Marktverrücker u. dergl. geben                                                                                                                               6 fl.      - Alb.

23. Sollen Ledige mit Ledigen, neben Scheidung, errichter zeughafter Buße geben 2 fl. - Alb.

24. Welche die Kirchen, Spitäler oder die Armen an Zehnten, Gefällen, Zinsen, auch was ihnen aus Testamenten, oder sonsten hero gebühret, wissentlich und kundlich vervorteilen, oder die Execution derselben aufgehalten, sollen geben                                                                 1 fl.      - Alb.

und daneben denunciert werden.

25. Welche jährlich, oder sonst in Kirchenämtern ihre Rechnung der Gebühr nicht leiste                                                                                                                                  - fl.       6 Alb.

26. Sollen diejenigen, so auf verbotenen Tagen für sich ihr Gesinde oder Fremde Fleisch speisen, werden dem Send geben                                                                                                      12 fl.    - Alb.

und darneben der Obrigkeit, damit sie zu anderen Abträgen angehalten werden, verkündigt werden.

Und damit vorgemeldete und andere Strafen desto richtiger in notam bracht werden mögt will nötig sein, daß die Sendschöffen selbst ein gutte zusehen, die umgehende Ordnung treffen: Nemlich, daß ihrer zween jedes Vierteljahr entweder selbst oder durch andere subordinierte Personen, sonderlich an Sonn- und Feiertagen fleißig Aufsehens haben, ob sich jemand im gebührlichen Gottesdienst sträflich finden lasse, als mit Versäumen, Spazieren, Auslaufen, Kaufen, Verkaufen, Ladenaufenthalten in Weinhäusern zur Zeit des heiligen Amts und Predigen sitzen und fluchen, Gott lästern, mit Tragen, Fahren und sonst mit ärgerlichen Arbeiten, ein solches Alles verzeichnen und im Send vorbringen.

Welche Zeit dann der heilig Send gehalten wird, soll der Senddechant zu nächster Gelegenheit im Beisein eines oder zweier obersten Sendschöffen, alle welche rügbar befunden vorbescheiden und gebührliche Strafen abfordern, und folgends, da dieselben mulctas (Strafen, Bußen) zu erlegen ungehorsam wären, sie alsdann schriftlich einen Amtmann des Orts übergeben, welcher in aller Eile solche mulctas fleißig einsammeln und dem Senddechanten treulich überliefern soll.

Letztlich wollen und ordnen wir auch, daß die eingebrachte Summe der Mulicten in drei Teile abgeteilt, eins dem Senddechanten für allerhand Unkosten, eins den Sendschöffen für ihre jährliche Mühe und eins zur Fabrik der Kirche oder sonsten in pius usus kommen und angewendet werden soll.

Wollen auch alle unnütze (wiewohl gewöhnliche unnötige Unkosten) und alle Fressereien, also die nur dies nützliche Werk hindern, dann befördern, endlich aufgehoben, abgestellt und verboten haben.

Neben dem wir uns auch frei ausbehalten haben wollen, diese Ordnung nach Gelegenheit der Leute, Sachen, Zeit und Plätzen zu verbessern, und wie es die Bescheidenheit und jährliche Übung geben würde, zu verändern, allen und jeden unsern Amtleuten, Schultheißen, Kellnern, Ratsverwandten, Bürgern und Einwohnern zu Dietkirchen, hiermit befehlend, über diese Ordnung mit Ernst zu halten, darwider selbst mit zu tun, noch gestatten, daß getan werde, sondern im Fall sie diesfalls ersucht, den Senddechanten und Schöffen allen Beistand leisten, als lieb ihnen sei, obbemelte Straf und darzu Unsere schwere Ungnade zu vermeiden. Das meinen wir ernstlich.

Geben zu Coblentz unter unserem Handzeichen und hie unten uffgedruckten Secret, in den Jahren unsers Herrn Tausend fünfhundert achtzig und sechs, die ultima August.

Quelle: Kurtr. Generalakten im Staatsarchiv Wiesbaden, veröffentlicht in:Heimatbuch von Niederbrechen (1925); S. 74-78

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