Der Brand von 1611

Über den Brand von 1611 ist in „Geschichte von Oberbrechen, Gensicke / Eichhorn (1975)“ zu lesen:

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2.1 Das Falltor am Brecher Weg und die Unterpforte

Wie bereits angedeutet, befand sich das Falltor am Brecher Weg, das früher einfach Feller genannt wurde, etwas westlich der Straßenkreuzung Langestraße/Rosenstraße, etwa dort, wo die heutige Mittelstraße (1879 Kreuzgasse) den ehemaligen Bierbach überquerte. Es war der Durchlaß des alten Brecher Weges, der späteren Kreuzgasse, durch Dorfzaun und -graben. Es handelte sich um ein großes Falltor (1590 feller), das Fuhrwerken und Viehherden die Durchfahrt ermöglichte. Die Gärten um diese Zaunlücke herum bewahrten den Namen des Tores als Flurnamen bis zur Konsolidation von 1869—77 (1867 In den Fallersgärten).

Durch diese Pforte erreichte man das Stein-, Werschberger-, Mittel-, Harn- und Weyerfeld sowie die Wiesen im Emsbachtal (Im Weiher, Große Au und Dörrau), im Barmbachtal und im Laubusbachtal (Tropbach und Weyerau) nach Weyer zu. Zum Werschberg z. B., und damit zur Hohen Straße, gelangte man im Mittelalter zunächst wohl nur durch eine Furt unterhalb der Hundsgärten in der Au (Dörrau), etwa in Höhe des Werschauer Grabens. Erst durch die Anlegung der Landstraße im Tal (vgl. Kap. Straßen -2.2.1.2) und der Neuen Brücke im Zuge des Marktweges oder heutigen Dauborn-/Werschauer Weges (1590 bey der neuwen brücken) konnte man auf einem kürzeren und besseren Weg über den Emsbach zum Steinfeld und Werschberger Feld fahren.

Wie eingangs bereits erwähnt, wurden im Laufe des 15./16. Jahrhunderts die schlichten Falltore (Schläge) durch massive Tor- oder Pfortenhäuser ersetzt oder ergänzt. Das Aussehen der alten Oberbrecher Pfortenhäuser ist nirgends beschrieben, doch darf man annehmen, daß sie in ihrem Aufbau und ihrer Form in etwa entsprochen haben der ehemaligen Niederselterser „Pforte", die daher als Beispiel in diesem Buch abgebildet wird (s. Abb. 42). Das erhellt auch aus den spärlichen Nachrichten über die alte Oberbrecher Oberpforte, an der immer wieder herumgeflickt worden war (so 1675) und vor 1730, so dass man sie 1730 niederlegte.

Die Torhäuser waren aus Bruchsteinen gemauert und mit Schiefer gedeckt, den man wohl in der alten Schieferkaute im Finkel gebrochen hatte. Ihre Tordurchfahrten waren durch starke Holztorflügel mit kräftigen Beschlägen verschlossen.

Die Pfortenhäuser waren mit Wächtern besetzt, die vielleicht auch in deren Obergeschossen wohnten.

Ein solcher Wächter hat durch eine Unvorsichtigkeit am 09.05.1611 bei hellem mittag durch einen buchsenschoß das mit Stroh gedeckte Dorf in Brand geschossen, dardurch der flecke in einer halben stunden ganz entzündet worden und bis auf drei Häuser abbrannte.

Mit der Kirche brannten am 09.05.1611 auch das Turmdach und der Glockenstuhl ab Die Kirche war nach dem Brand von 1611 wieder aufgebaut. Mit Turmdach und Glockenstuhl wurden 1611 auch die Glocken ein Opfer der Flammen.

Mit dem Dorf brannte 1611 auch der Pfarrhof ab, der jedoch bald durch die Gemeinde wiederaufgebaut wurde.

1611 Montags in der creuzwochen, das wäre der 9. Mai, ist Oberbrechen bis in den grund abgebrent durch einen buchsenschoß, so da tet der wechter bei der pforten bei hellem mittag; nit mehr als drei heuser, Heliae Nortweden, Adam Diefenbachs und Garten Paulsen erhalten, darbeneben 2 scheurn und 2 stell, die kirche verbrant, glocken zerschmolzen, eilfe menschen, so man, so weib und kinder, tot und verbrant, viele auch verletzet und beschädiget, 40 oder 50 stuck rindvihe, vil schwein und 8 pferd, 300 beue, so haus so scheuren, das tot vihe uff der Straßen sehr abscheulich 2 tag gelegen. Ein starker wind hat sich erhoben, dardurch der flecke in einer halben stunden ganz entzündet worden. Es ware ein man, der zoge sein hut ins angesicht und liefe fast mutwillens ins feur, einer vermeinte, aus Verzweiflung, der ander sagte, welches baß zu glauben, er habe noch geld aus seinem stubentisch heraus holen wollen, der ist verbrant gar bis uff ein wenig knochen. Ein kind in der wigen verbrant, die mutter mit dem andern kind kummerlich durch ein alen entkommen. Es folgten zwo kalte nachten, daß es hat hart geriefet, und die arme leut die nacht durch bei irem eigen ohngluck sich gewermet. Ein steinen herz solts erweichen. Niderbrecher schicken den ersten tag victualien hinuff, andern tags die Vilmarer, dritten tags die Isenbecher und folgends Holzhusen etc Kirchberg und Eufingen haben sich auch nachbarlicher hilf erpoten.

Die wollenweberzunft von Limburg hatte von Frankfurt an weid und anderer bereitschaft zur farben herbrengen lassen, und der wagen aber die nacht und sontags zeit plieben halten bis diesen mittag zu Oberbrechen in der gemeinen straßen; der wagen und die wahr mit sack und pack verbrant, schadet uber 200 gulden. Es ist seither von halbfasten noch sehr hei, und zu Oberbrechen der schade uberschlagen, befunden 10menschen tot und darzu 20 menschen beschadiget an iren liben von dem brand, 106stuck rindvihe, 90 schwein, 9 pferd, 94 heuser und 120 schüren ohne andere gebeue und stell (7).

1611 am 29. Märzi brennt in zwei Stunden Oberbrechen nieder. 12 Menschen kamen um; ebensoviel Pferde, Kühe und Schweine. Aus den Häusern war fast nichts mehr zu retten. Durch den Leichtsinn eines Büchsenmachers entstand der Brand an einem Strohdach (8).

1611 Besthaupt von der Kellerei Limburg zu Oberbrechen erlassen: sintemalen nit allein all ihre nahrung sondern auch Bastian Schumacher, Hans Weiprecht verbrandt und todt plieben, Anthon Mutth und Georgen Peter der alt.

1612 Kellerei Limburg gibt der Gemeinde Oberbrechen auf Borg 55 Malter Korn, je 7 1/2 Gulden, für 412 Gulden 12 Albus.

1612/13 Die Stadt Hachenburg gibt der Gemeinde Oberbrechen 1 Gulden 12 Albus Beisteuer weil der Flecken ganz abgebrannt.

1613 November 8 Erzbischof Lothar von Trier an Pastor Christian Geiß zu Oberbrechen wegen des beschwerlichen brandts, so Clauß Glauß in dem Flecken zu Oberbrechen verursacht.

Über den Brand von 1611 ist in „Geschichte des Dorfes und der Pfarrei Oberbrechen, Kaplan Ehl (1905) zu lesen

Im Jahre 1611 wurde das Dorf durch einen gewaltigen Brand auf das schwerste heimgesucht.

Die Limburger Chronik beschreibt auf Pag. 1164 diesen Brand folgender maßen:

1611“ Montags in der Kreutzwochen, das waren der 9. Mai, ist Oberbrechen bis in den Grundt abgebrant. Durch einen Büchsenschuss so da hat der Wechter bey der Pforten bey hellem Mittag, mit mehr als drey Häuser, Heliae Nortweden, Adam Dieffenbach und Garten Paulsen erhalten, darneben 2 Scheuern und 2 Stall; Die Kirchen verbrannt, Glocken zerschmolzen, elffe Menschen, so Mann, so Weib undt Kinder doth undt verbrant, viele auch verletzt undt beschädigt, 40 oder 50 Stück Rindt-Viehe vill Schweine undt 8 Pfert, 300 Bauwwe, so Hauß, so scheuren, das doth Viehe uff der Straßen sehr abscheuwlig 2 tage gelegen; ein starker Wind hatt sich erhoben, dardurch der Flecke in einer halben Stunden ganz entzundet worden. Es ware ein Mann, der zoge sein Hudt in Angesicht undt lieffe fest undt willens ins Feuer, einer meinte aus Verzweiflung, der andere sachte welches baß zu glauben, er habe noch Gelt  aus seinem Stuben Tisch heraus holen wollen, der ist verbrannt gar bis uff ein wenig Knochen. Ein Kint in der Wigen verbrannte die Mutter mit den anderen Kint kummerlig durch ein Alen entkommen. Es folgten zwei kalte Nachten, dass es hart gereiffet undt die armen Leudt die Nacht durch bey irem eigenen Ohnglück  sich gewermet. Ein steinern Hertz sollts erweichen. Niederbrechen schicken den ersten Tag Viktualien hinauff, anderen Tags die Villmarer, dritten Tags die Isenberger (sie waren Vögte von Villmar) undt folgents Holtzebhuser etc. undt Eiffingen haben sich auch nachparlicher Hulff erbotten.“

Die Mullenweber Zunfft von Lympurg hatte von Frankfurt ohn Weidt undt anderer Bereitschaft zur Farben herbringen lassen undt der Wagen über die Nacht undt Sonntags Zeitt plieben halten biß Mittag zu Oberbrechen in der gemeinen Strassen, der Wagen undt  die Wahr mit sack undt Pack  verbrannt; schadet über 200 Gulden

Es ist von Halbfasten noch sehr hei und zu oberbrechen der Schaden überschlagen befunden, 10 Menschen tot und darzu 20 Menschen beschadigt an irem Leib von dem Brant, 106 Stück Rind Vihe, 90 Schwein, 9 Pfert, 94 Heuser und 120 Scheuern, ohne andere Gebäude und Stell. (daselbst Pag. 1165)

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