Welche Vorteile brachte die Aufhebung der Leibeigenschaften den Einwohnern von Oberbrechen und Niederbrechen?

Nachdem am Neujahrstag 1808 die Regenten des Herzogtums Nassau, Herzog Friedrich August und Fürst Friedrich Wilhelm die Leibeigenschaft aufgehoben hatten, erfolgte etwa 1 Jahr später, im Februar 1809, die Aufhebung der älteren direkten Abgaben und Gutsbelastungen, die im Zusammenhang mit der Leibeigenschaft abgeführt werden mußten. In der diesbezüglichen amtlichen Bekanntmachung heißt es u. a. 

"Wir wollen unseren Unterthanen, denen Wir schon durch Unser Edikt vom 1. Januar 1808 mit Aufhebung der Abgabe des sog. besten Haupts, ihre persönliche Freiheit gerichtet haben, für die Zukunft nunmehr auch die Freiheit ihres Grund-Eigentums von allen druckenden Beschwerung, veralteter leibes- und gutherrlicher Abgaben und Leistungen zu wenden, während zugleich Wir mit Bedacht nehmen, daß Standes- und Grundherrn, auch sonstigen Gutsbesitzern und Vasallen, deren Einkünfte hierdurch Abgang erleiden, aus allgemeinen Mitteln des Staats ein billiger Ersatz geleistet werde. Es geschieht daher allenthalben, mit angenehmer Empfindung, daß Wir hier nachstehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Aufhebung bisherigen Abgaben erlassen. Wir erwarten mit Zuversicht, daß dieselben als ein Beweis Unseren festen und beständigen Willens, daß Wohlseyn und den Vortheil aller Unsrer Unterthanen ohne Unterschied stets zu befördern, von ihnen allgemein dankbar anerkannt und sie dadurch in ihrer Treue und Ergebenheit gegen Uns, immer mehr und mehr befestigt werden. Mit dieser Voraussetzung wollen Wir und verordnen hierdurch wie nachfolgt §1 vom 1. Januar diesen Jahres an, sind die hier nachstehend namentlich aufgeführte Abgaben in den bezeichneten Orten gänzlich und für immer aufgehoben."

Nun werden der Aufzählung der Reihe nach alle Amtsbezirke aufgezählt und es folgt dann unter § 24 für den Amtsbezirk Limburg, wozu auch Oberbrechen zählte:

I.    von allgemeinen, in sämtlichen Amtsorten bestehenden Abgaben:

1.                    das Frohn- und Dienstgeld, auch Rheinfahrtgeld

2.                    die ordinäre Schatzung als Güterschatzung, Nahrungsschatzung und Schimgulden

3.                    die Extrasteuern

4.                    die Servissteuern

5.                    die Beiträge zur allgemeinen Amtsausgabe

II.    Hier werden nun die Abgaben angeführt, die einzelne Orte zu leisten hatten und nur für diese Geltung besaßen.  Für den Ort Oberbrechen kamen dabei in Frage:

6.                     das Reluitionsgeld für Brunnen und Holzhauerdienste

Es ist eigenartig, daß nur Nieder- und Oberbrechen zur Zahlung des "Reluitionsgeldes " für Brunnen und Holzhauerdienste aufgeführt werden während für die  übrigen zum Amtsbezirk Limburg zählenden Orte noch insgesamt 15 weitere Abgaben zu entrichten gewesen sind. Aufgezählt werden u. a. Weidgeld,  Kuhgeld, Grabenzins, Beetgelder, Weidhammelgeld, Rauchhühner, Banngeld, Jägerbrot, Herbergsgeld u. a. m.

Was verstand man denn damals unter diesen indirekten Steuern, die den kleinen Mann, den Leibeignen so schmerzhaft drückten. Die Beet war die älteste Steuer überhaupt, man kannte sie als Ehebeet bei Neuvermählungen, als Holz-, Fleisch- , Maibeet usw. die dann, wenn sie als Geldabgabe abgelöst wurde, als Holzgeld, Maigeld, Weidgeld, Kuhgeld usw in Erscheinung trat. Das Banngeld und der Schirmgulden mußten gezahlt werden für die Befreiung von einem örtlichen Zwang. bzw. für gewährten Schutz innerhalb des Ortes.

Es wäre noch die Abgabe des Besthaupts zu erwähnen, jene Abgabe, an den Lehns- bzw. Grundherrn, den der Pächter als Bewirtschafter eines Hofes entrichten mußte, wenn der Pächter starb. Dann konnte der Beauftragte des Herren das beste Stück Vieh, das Besthaupt, ohne Entschädigung aus dem Stall des Pächters holen.

Der Autor des Beitrags Josef Kramm hat sich die Mühe gemacht, einmal alle diese Kleinsteuern, die damals im Bereich des Nassauer Ländchens aufgehoben wurden, zusammenzustellen und zu zählen. Es sind nicht weniger als 150 verschiedene Namen, die für diese Abgaben erscheinen. Dabei ist allerdings zu beachten, daß unter den verschiedenen Namen manchmal die gleichen Abgaben zu leisten waren.

Quelle: Inform Brechen, 16.08.1974

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