Trinkwasserversorgung in Oberbrechen

Die Trinkwasserversorgung in Oberbrechen ist seit dem Bau der Wasserleitung (1904 - 1907) gesichert. Zurzeit kann die Gemeinde Trinkwasser in Höhe von rund 600 cbm aus den Quellen fördern. Benötigt werden täglich in der Gemeinde ca. 200 cbm Trinkwasser.

Der Nachbargemeinde Brechen/Niederbrechen werden täglich bis zu 2oo cbm aus dem Tiefbrunnen aus der Weyerer Straße abgegeben.

Nachstehend bringen wir die 1. allgemeine Vorschrift über die Herstellung von Privatleitungen, die von der Gemeinde am 12.01.1907 erlassen wurde:

Aus den Zeitungsartikeln im "Nassauer Boten" von 1909 geht hervor, daß damals nicht alles reibungslos verlaufen ist.

Bei dem künftigen Ausbau von Straßen im alten Ortsteil werden zunächst neue Wasserleitungen verlegt werden. Nach 70-jähriger Lagerung sind die Leitungen erneuerungsbedürftig

 

"NASSAUER BOTE"

Oberbrechen, den 26. Oktober. Die Gemeinde Oberbrechen ist zu der Ansicht gekommen, daß an der in den Jahren 1906/07 durch die Firma Schröter Frankfurt-Düsseldorf, unter Aufsicht des Herrn Professors Nabenhauer - Idstein erbauten Hochdruckwasserleitung, Mängel entstanden sind, und ließ die Gemeinde deshalb unter Aufsicht zweier Sachverständigen, wovon einer von vorgenannter Firma, der andere von der Gemeinde ernannt worden war, das Leitungsnetz an 142 Punkten aufgraben, um ein genaues Nivellement festzustellen. Diese Untersuchung ergab, daß die Leitung unregelmäßig, geradezu wellenförmig verlegt war. Demgemäß ist die Baufirma zur Umlegung einer größeren Strecke verurteilt worden und sind die Arbeiten bereits in Angriff genommen worden

 

"EINGESANDT"

Oberbrechen, 2. Dez. 1909. Die hiesige Wasserleitung musste bekanntlich wegen schlechter Verlegung 1 Km. aufgegraben und neu bzw. tiefer verlegt werden. Die Arbeiten währen bereits schon 8 Wochen, was für die Baufirma nicht unerhebliche Kosten verursacht. Diese ist zwar, weil mit ihr die Verträge abgeschlossen und unterzeichnet sind, laut Schiedsspruch zur Tragung der Kosten verurteilt, obwohl die moralische Schuld der Bauleitung zuzuschieben wäre; denn die Bauleitung sollte mit gleichmäßigem Gefälle bei einer Mindestdeckung von 1, 25 cm tief, laut Vertrag und Projekt, verlegt werden, es wurden jedoch Stellen aufgegraben, die weit unter 1 m. bis nur 73 cm bedeckt waren. Ferner mußten nach dem neuen Nivellernent, um der Leitung das richtige Gefälle zu geben, die beiden Luftventile versetzt werden, und zwar um das Wasser über den Höhepunkt hinwegzubekommen (bekanntlich läuft das Wasser bergab), das erste Ventil von der Quelle um 7,6o m zurück (dadurch kommt der Höhepunkt um 4o cm tiefer), das vordere um ca. 1,oo m nach dem Hochbehälter hin. Das eigentümliche an der Sache ist, dass der Projekt - Verfasser auch die Bauleitung geführt hat und über die Verlegung genau orientiert war und doch solche geringen Deckungen zugelassen hat. Hätte sich damals auch die Ortspolizeibehörde etwas mehr der Sache angenommen, würden solche Unregelmäßigkeiten sicher nicht vorgekommen sein. Durch diese Umverlegung ist die Wasserversorgung in den letzten 8 Tagen eine beklagenswerte, jedoch muss man solche mit in Kauf nehmen, da wir dadurch die energische Aufsicht des jetzigen Bauleiters, Herrn Ingenieur Schermuly aus Weilburg, die Gewissheit haben, nunmehr eine leistungsfähige Wasserleitung zu bekommen und ein Wassermangel im Sommer nicht mehr eintritt.

Um kein Missverständnis in der Bauleitung aufkommen zu lassen (es wurde scheinbar angenommen, der Limburger Kreisbaumeister Völling sei der Projektator und Aufsichtsleiter gewesen) wurde einige Tage später nochmals darauf hingewiesen, daß der Oberlehrer, Professor Nabenhauer von der Baugewerkschule Idstein der Verfertiger des Projektes war und auch die Bauaufsicht führte.

WASSERLEITUNG OBERBRECHEN

ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN ÜBER DIE HERSTELLUNG VON PRIVATLEITUNGEN.

§ 1

Die Herstellung der Privatleitungen liegt den Besitzern auf ihre Kosten ob. Die Privatleitung beginnt hinter dem Entleerungshahn. Die Anschlußleitung vom Hauptrohr ab bis einschließlich des Entleerungshahnes wird durch die Gemeinde hergestellt.  Die Lage der Leitung wird so gewählt, daß der Gemeinde die geringsten Kosten dadurch entstehen. Wünscht der Grundstücksbesitzer aus irgend welchem Grunde einen anderen Weg, wodurch die Leitung länger oder wodurch mehr Mauerdurchbrüche entstehen, so hat derselbe für die Mehrkosten aufzukommen dessen ungeachtet geht doch der ganze Leitungsstrang in den Gemeindebesitz über. Die Privatleitungen können die Grundstücksbesitzer von jedem tüchtigen Installateur herstellen lassen.

 

§2 - MATERIAL DER LEITUNGEN

Die Leitungen sollen, soweit sie im Boden liegen, aus bejuteten Mannesmannröhren von mindestem 25 mm 1. Weite oder aus Bleiröhren mit 5 mm Wandstärke bestehen und mindestens 1, 25 m tief verlegt werden; im Übrigen sind 3 /4 " oder 1/2 " Bleiröhren (Wandstöcke 5 mm) oder galvanisierte Eisenröhren (Wandstärke 2, 4 mm) zu verwenden.

Der ausführende Installateur ist verpflichtet behufs Untersuchung der betreffenden Teile Proben der Röhren von genau 1,00 m Länge und der Armaturen der Bauleitung auf Verlangen kostenlos zu übersenden.

 

§ 3 - AUSFÜHRUNGSVORSCHRIFTEN

Im Innern der Häuser sollen Leitungen möglichst durch frostfreie Räume und entlang der Zwischenwände, nicht der Umfassungswände, geführt werden. In solchen Räumen, in die ein Eindringen des Frostes zu befürchten ist, sind die Leitungen durch Umhüllungen mit schlechten Wärmeleitern sorgfältig zu wahren. Die Verlegung der Röhren durch Dung- oder Abtrittsgruben ist auf das strengste untersagt, ebenso auch die Führung der Leitung durch Schornsteine. Abzweigleitungen in Waschküchen, Hofräumen und zu Springbrunnen müssen besondere und, wenn keine passende Räume vorhanden sind, in Schächten angebrachte Absperr- und Entleerungsvorrichtungen erhalten.

Eine direkte Verbindung des Röhrennetzes mit Dampfkesseln und Wasserklosetts ist untersagt. Letztere dürfen nur vermittelst Spülbehälter an die Leitungen angeschlossen werden.  Wo Häuser nicht unterkellert oder keine Räume vorhanden sind, um Durchgangshahn und Entleerungshahn unterzubringen, müssen besondere für das Einsteigen genügend geräumige, vollständig entwässerte und solid abgedeckte Schächte von 5o/5o cm Grundfläche zur Unterbringung derselben angelegt werden. Die Anschlußleitung der Abstellhähne und der Entleerungshähne müssen bei der Ausführung der Privatleitungen durch den Installateur behutsam behandelt und dürfen unter keinen Umständen beschädigt, noch einer Änderung unterworfen werden.

Von dem Entleerungshahn soll die Leitung bis zu den Zapfhähnen durchweg Steigung erhalten. Läßt sich dies aus irgend welchen Gründen aber nicht durchführen, so sind an den entstehenden Höchst- und Tiefpunkten Entlüftungs- bzw.  Entleerungshähne anzubringen. Die Verbindung der Röhren wird im Allgemeinen durch Lötstelle bewirkt. Flanschenverbindungen sind nur anzubringen, wo Mauern durchbrochen und die Röhren eingemauert werden, und bei unmittelbarem Zusammentreffen der Anschlußleitung mit der Privatleitung hinter dem Entleerungshahn. Die Leitungen müssen mit Rohrschellen auf 1 m je 1 Stück solide an Wänden und Decken befestigt werden. Das Versenken der Leitungen in den Mauern und das Verputzen derselben ist nicht zulässig.

 

§ 4 - HAHNEN

Die Durchgangs- und Auslaufhähne müssen nach dem Niederschraubsystem, Frankfurter Modell, genau nach Muster und Gewicht hergestellt sein. Das Gehäuse soll aus Messing oder Rotguss von ausreichender Stärke, die Spindel aus Rotguss oder Kanonenmetall bestehen und mit flachgängigem Gewinde versehen sein. Die Auslaufhähne müssen in der Güte denjenigen entsprechen, welche unter der Bezeichnung "extra stark" im Handel vorkommen.

 

§ 5 - PRÜFUNG DER LEITUNG

Die fertigen Privatleitungen sind vor ihrer Inbetriebnahme durch den ausführenden Installateur im Beisein eines Vertreters der  Bauleitung mittels Druckpumpe und Manometer auf mindestens 15 Atm. zu prüfen.

Zeigen sich bei der Probe Undichtigkeiten, so wird die Inbetriebsetzung der Leitung nicht eher zugelassen, bis die Fehler beseitigt sind und die Leitung den vorgesehenen Druck aushält.

Die Preßpumpe nebst Zubehör ist von dem Installateur, der die Leitung hergestellt hat, zur Verfügung zu stellen.

 

§ 6 - RECHNUNGEN                                                                               

Die Privatrechnungen der Hausleitungen sind von dem Installateur der Bauleitung zur Prüfung zu überweisen. 

                                             

NACHTRAG ZU § 1

Die Anschlußleitungen vom Hauptrohrstrang bis zum Kellerabsperrhahn wird auf Gemeindekosten nur für diejenigen Hausbesitzer hergestellt, die sich bis zum ersten Februar 1907 schriftlich bereit erklärt haben, das Wasser aus der Gemeinde-Ortsleitung zu entnehmen und sich den vorstehenden Vorschriften zu unterwerfen.                                                                  

Meldet sich jemand nach dem 1. Februar 1 907, so hat der Betreffende die Anschluß-Leitung ganz an die Gemeindekasse zurückzubezahlen.

 

Oberbrechen, den   Januar 1907

 

Der Bürgermeister:         Die Schöffen:

l. V. Roth                       gez. Jakob Schneider III

                                    gez. Jakob Kremer I

                                    gez. Peter Jos. Arthen

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