Gemeindeetat Niederbrechen 1964 Erläuterungen

Ausführungen zum Haushaltsplan der Gemeinde Niederbrechen 1964 im Mitteilungsblatt der Gemeinde Niederbrechen

Um Ihnen einen Überblick über den Haushaltsplan 1964 zu geben werde ich, wie im vorigen Jahr, den diesjährigen Haushaltsplan in mehreren Folgen erläutern.

Das für viele Mitbürger aktuell gewordene Thema "Erschließungsbeiträge“ wird wegen seiner Dringlichkeit als erstes behandelt.

Doch nun zum Etat selbst.

Jeder, der erstmalig einen Haushaltsplan - auch von der Größenordnung oder nur von der Größenordnung unserer Gemeinde - aufschlägt, erschrickt in der Regel vor der Fülle von Zahlen und Bezeichnungen. Ihm erscheint er eher als ein Buch mit sieben Siegeln und als ein undurchdringlicher Zahlendschungel als das in Zahlen geronnene Schicksal seiner Gemeinde.

Und doch ist der Kommunalpolitiker, vor allem aber das Mitglied des Finanzausschusses, vor die Aufgabe gestellt, dieses umfangreiche Zahlenmaterial aufzubereiten und zum Sprechen zu bringen.

Das Mittel hierfür ist die kommunale Haushaltsanalyse.

Der Haushalt präsentiert schlechthin die Einnahmen und Ausgaben sowie die Schuldenwirtschaft der Gemeinde.

Zahlenmäßig findet dieses seinen Niederschlag im Haushaltsplan.

Dieser wiederum ist Voranschlag, Schätzung und Vergleich künftiger Einnahmen und Ausgaben und hat den Charakter strenger Verbindlichkeit. Unter Analyse versteht man die Zerlegung und Aufgliederung eines Ganzen in seine Teile.

In diesem Fall die gedankliche Zergliederung des Haushalts in übersehbare und damit gestaltbare Fakten.

Diese Aufgabe hatte sich wie immer der Haupt- und Finanzausschuß gestellt. Er ging systematisch und planmäßig ans Werk, nicht intuitiv oder sprunghaft, sondern Schritt für Schritt das Terrain sondierend und erforschend.

Dadurch erwarben sich die Mitglieder dieses Ausschusses gute Kenntnisse der finanzwirtschaftlichen Zusammenhänge und des innern Gefüges vom diesjährigen Plan.

Wenn ich in meinem Vorbericht zum Haushaltsplan die Bewegung der einzelnen Titel schon kurz erläuterte., so lassen Sie mich auf verschiedenes noch einmal eingehen.

Der Straßenbau

gehört zu den neuralgischen Punkten seit eh und je.

Die gewaltigen Anstrengungen auf diesem Sektor im vergangenen Jahr waren notwendig, um nach und nach Anschluß an den erforderlich werdenden Straßenbau in den kommenden Neubaugebieten zu finden.

Erstmalig im vergangenen Jahr wurden für durchgeführte straßenbauliche Veranstaltungen Straßenbeiträge erhoben.

Sie gingen bisher schleppend ein.

Ganz bezahlt wurden sie von einigen, die man ansonsten die Stillen im Lande nennt, während andere, die durch Fordern und Schimpfen das Parlament praktisch unter Druck setzten, den Weg zur Gemeindekasse noch nicht gefunden haben.

In allen anderen Straßen, in denen noch keine straßenbauliche Veranstaltung stattgefunden hat, werden Erschließungskosten erhoben. Das bestehende Ortsrecht läßt Vorausleistungen auf die anfallenden Kosten zu.

Daher beschloß die Gemeindevertretung am 13. Februar 1964 von allen Grundstücksbesitzern der Straßen: Am Sportfeld, Jakob-Herlth-Straße, Egerländer Straße, Am Engelsstück, Straße an der Friedhofsmauer, Feldstraße, In der Schlei, Siedlungsgebiet Erdbeerenpfad, eine Vorausleistung von 500,00 DM für das Jahr 1964 zu fordern.

Alle Grundstücksbesitzer, die nicht direkt an diesen Straßen Anlieger sind, werden 250,00 DM zahlen müssen.

Allerdings sind Ratenzahlungen vorgesehen, die dem Bürger diese neuen einschneidenden Belastungen etwas tragbar gestalten sollen.

Unter einem Grundstück im Sinne des BBauG, ist ein katastermäßig abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer bestimmten Nummer eingetragen ist.

Der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 1 des BBauG, unterliegen im Grundsatz sowohl bebaute wie auch unbebaute Grundstücke.

Soweit Erschließungsanlagen am 29.10.1960 noch nicht hergestellt waren, entsteht die Beitragspflicht nach § 133 Abs. 2 des BBauG. für bebaute und unbebaute Grundstücke mit der Herstellung der Anlage.

Auf diese §§ stützt sich die Satzung über Erschließungsbeiträge, die im § 8 Vorausleistungen zuläßt.

Das Bundesverwaltungsgericht soll am 25. Februar 1964 entschieden haben, daß für Grundstücke, die bereits vor Erlaß des ersten Ortsstatutes nach § 15 PrFlucht1G. errichtet wurden, kein Erschließungsbeitrag nach § 133 des BBauG . gefordert werden kann.

Ich möchte darauf verzichten, den Wortlaut der unklaren Pressemeldungen über die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hier zu wiederholen.

Wenn nun Veranlagte unter Hinweis auf dieses Bundesgerichtsurteil den Veranlagungsbescheid an den Gemeindevorstand zurückschicken, so kann diesem Widerspruch nur abgeholfen werden, wenn sogleich der Wortlaut dieses Urteils auf das man sich bezieht mit der notwendigen Kommentierung beigefügt wird.

Weder das Urteil selbst noch der Kommentar sind der Verwaltung bzw. den kommunalen Spitzenverbänden bisher bekannt.

Der Gemeindevorstand hat nach den bisher gültigen Gesetzen, Verordnungen und-Erlassen gehandelt.

Er wird die Veranlagungsbescheide zurücknehmen, wenn er durch neue Gesetze bzw. Gerichtsurteile dazu gezwungen wird.

Doch dazu besteht keine Veranlassung, ist doch nach Auskunft des Hess. Gemeindetages das eben genannte Urteil für alle Gemeinden günstig ausgefallen und die ergangenen Anforderungsbescheide über Erschließungsbeiträge bestehen zu Recht.

Wenn nun ein Anlieger geltend macht, die Gemeinde hätte ihm vor Jahren bescheinigt, daß er keine Anliegerkosten zu zahlen hätte, so hat die Gemeinde nach dem damaligen Recht entschieden.

Sie konnte nicht anders, weil eine Satzung, als die Grundlage zum Anfordern der Erschließungskosten, nicht vorlag. Es war eine satzungslose Zeit.

Derartige Prozesse sind bisher immer zu Gunsten der Gemeinde ausgegangen.

Aber nicht nur die Erschließungskosten, sondern alle Gebühren - das sei einmal deutlich gesagt - sind eine Gegenleistung des Bürgers für eine Leistung der Gemeinde.

In letzter Zeit ist die Frage aufgetaucht, ob ein Erschließungsbeitrag gefordert werden kann, wenn auf der Rückseite eines bereits erschlossenen Grundstücks eine Straße gebaut wird, ohne daß dieses Grundstück zu dieser Straße einen besonderen Ausgang erhält.

Der Herr Minister des Inneren vertritt die Auffassung, daß es für die Beitragspflicht nicht darauf ankommt, ob ein Grundstück bereits erschlossen ist. Wesentlich ist vielmehr, ob das Grundstück auch durch die neue Erschließungsanlage erschlossen wird.

Hierfür ist entscheidend, ob das Grundstück einen unmittelbaren Zugang zu der neuen Straße erhalten kann.

Dagegen spielt es keine Rolle, ob ein solcher Zugang auch tatsächlich geschaffen wird.

Der Rathausumbau

Es hat den Anschein, daß in diesem Jahr der Innen-Umbau des Rathauses beendet wird.

Ein Lob den vielen fleißigen Handwerkern, die die übernommenen Aufträge gut und prompt erledigten.

Einen Tadel denen, die durch Nichterscheinen den gesamten Umbau hemmen. Dadurch wird die Verwaltung über Gebühr lange in völlig unzureichende Räume gedrängt und der Arbeitsablauf erschwert.

Den Umbau selbst müssen wir - wenn die Kosten auch erschreckend sind - als ein geschichtsbewußtes Handeln ansehen.

Liebe und Ehrfurcht vor dem Überkommenen soll uns aber auch den Blick in die Zukunft lenken und uns anspornen, unserem 260-jährigen Rathaus den ihm zustehenden Platz in der Gemeinde wiederzugeben. (Fortsetzung folgt)

Quelle: Mitteilungsblatt der Gemeinde Niederbrechen Nr. 1964/06 (16.03.1964)

 

1. Fortsetzung Erläuterung des Haushaltsplan 1964

Der Schulbau

In einem Jahrzehnt zwei Schulen zu bauen, hat es wohl in unserer Gemeinde noch nie gegeben.

In früheren Zeiten war der Bau einer Schule ein seltenes und säkulares Ereignis. Es wurde jahrelang geplant; und entsprechende Rücklagen konnten angesammelt werden.

Heute zahlen wir auf lange Jahre hinaus die für den 1. Bauabschnitt übernommenen finanziellen Verpflichtungen - und der zweite Schulbau steht bevor.

Die Planung des 1. Bauabschnittes, so könnte man glauben. sei nicht ausgegoren gewesen, doch so ist es nicht.

Das Einführen des 9. Schuljahres, neue Schulgesetze, die Änderung der Klassenfrequenz zwangen zu einer Neuplanung, die im Augenblick zur Genehmigung bei den Behörden vorliegt.

Sie als Kommunalpolitiker, die die entscheidenden Beschlüsse faßten. haben erkannt, daß die Schule ihrem Wesen nach eine primär pädagogische Institution ist.

Sie dient der Bildung.

In ihr sollen unsere Kinders verschiedener Herkunft, Begabung und Neigung, verschiedenen Denkens und Glaubens, versammelt werden. Hier sollen von einfühlsamen Lehrern die erzieherischen Impulse des Elternhauses weiterentwickelt werden, damit das heranwachsende Geschöpf eine umfassende Welt- Menschen- und Gottesbildung erfährt.

Voll Stolz darf gesagt werden, daß die Gemeinde als Träger der Schule immer ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, und niemals so etwas wie eine Rentabilitätsrechnung in den Vordergrund gestellt wurde.

Kanalbau

Wohl niemand ist im Dorf, der nicht schon einmal beim Kanalbau in der Kaiserstraße zugeschaut hat.

Die vorgeschriebenen Übertiefen, die großen, schweren Rohre, erfordern ein gerüttelt Maß von Arbeit und Umsicht.

Nachdem nun die Brückenstraße ihren Kanal erhalten hat und eine Eisenspundung, die erhebliche finanzielle Mittel erforderte, zur Sicherung der Häuser eingebracht werden mußte, ist der Kanal ein gutes Stück in der Kaiserstraße weitergetrieben worden.

Durch Einbringen eines neuen Wasserleitungsrohres, Herstellen aller Hausanschlüsse ist die Kaiserstraße von Grund auf umgewühlt. Von den Anliegern wird - es ist leider nicht zu umgehen - die Grenze des Zumutbaren gefordert.

Das Leben zeigt jedoch immer wieder, daß alles, auch das Unangenehmste mal ein Ende hat.

Diesen Trost möchte ich den Anliegern der Kaiserstraße geben und die Versicherung, daß nach Fertigstellung des Kanalbaues irgendetwas an der Straßenoberfläche zur Verbesserung geschehen wird.

Nach Rücksprache des Gemeindevorstandes und des Bauausschusses mit der Bauleitung sind die zu erwartenden Mehrkosten auf folgendes zurückzuführen:

a) Einbringung einer Eisenspundung

b) Vergrößerung der Rohrdimensionen nach Abgabe des Angebots auf Grund von Verfügungen der Aufsichtsbehörde und auf Grund von Beschlüssen der Gemeindevertretung.

c) Vergrößerung des Regenüberlaufbauwerkes in der Brückenstraße.

d) Aushub größerer Tiefen beim Kanalbau wegen Antreffens von Fließsand.

e) Dadurch nicht vorgesehener Einbau von 0,50 m Schotter und einer Stahlbetondecke.

f) Bau von 2 erforderlich gewordenen Stichkanälen.

Nach diesen neueren Berechnungen sind die veranschlagten Mittel zu gering und der Gemeindevertretung wurden schon Vorschläge zur Restfinanzierung unterbreitet.

Im Wasserleitungsbau

hat sich im vergangenen Jahr auch manches getan.

Neben der schon erwähnten Erneuerung der gesamten Wasserleitung der Kaiserstraße war folgendes erforderlich:

1. Tieferlegung der Wasserleitung im oberen Teil „Am Engelsstück”, hervorgerufen durch Verlegung der Straße.

2. Das gleiche in fast der gesamten Jakob-Herlth-Straße zusätzlich das Verlegen fast aller Hausanschlüsse.

3. Auch in der Egerländer Straße mußte etwa ein Drittel der bestehenden Wasserleitung wegen Einfrierungsgefahr und erfolgten Straßenabtrags tiefergelegt werden.

4. Auch wurde eine Verbindungsleitung von der Egerländer Straße zur Jakob-Herlth-Straße gebaut, einmal um eine Ringverbindung zu schaffen und damit dem Wasser die Möglichkeit zur Bazillenbildung zu nehmen, zum anderen der Erfrierungsgefahr vorzubeugen.

Aber schon wieder stehen andere, dringende Wasserleitungsbaumaßnahmen bevor.

Um nur einige zu nennen:

1. Verlegung der Zulaufleitung Quelle Schlei bis zur Feldstraße.

2. Tieferlegung der Wasserleitung in der hinteren Amtmann-Finger-Straße. Doch diese Arbeiten müssen bis zum Ausbau der Straße zurück gestellt werden.

3. Als große neue Maßnahmen Erschließung des Neubaugebietes oberhalb des Wingertsweges mit Hauptleitung und Hausanschlüssen.

Hinzu kommen die tägliche Überwachung, die laufend anfallenden Reparaturen usw.

Da kein Wassermeister beschäftigt wird, dürfte die Arbeit als eine Leistung der Verwaltung zu würdigen sein.

Kinderspielplätze

sind - in den Städten wenigstens -eine Lebensfrage für unsere Jugend. Hier auf dem Lande, wo der nahe Wald, der Sportplatz, die Schlei und andere Möglichkeiten zum Spielen sich anbieten, ist das Bedürfnis nicht so dringend.

Aber trotzdem sollte zunächst ein Spielplatz errichtet werden, der, ausgestaltet mit modernen Spielgeräten, Kleinkindern wie auch den 8-12-jährigen Möglichkeiten zur freien Bestätigung bietet.

Wir wissen von dem Wunsch unseres so erfreulich aktiven Verschönerungsverein, daß es ihm ein Herzensbedürfnis ist, einen Kinderspielplatz, sollte die Gemeinde ihn anlegen. mit den notwendigen Geräten zu bestücken.

Der Zeitpunkt für die nun fällige Anlage dürfte nicht mehr allzu fern liegen.

Der Friedhof

soll ein Ort der Ruhe, der Besinnung und inneren Einkehr sein. Seine Gestaltung und Lage soll diesem Charakter entsprechen,

Durch Ausdehnung des Dorfes liegt er von Wohngebieten jetzt umschlossen. Trotz einer großzügigen Ausdehnung vor einigen Jahren wird der noch freie Teil in etwa vier Jahren belegt sein.

Es erheben sich nun die Fragen:

1. Abräumung von Grabstätten zum Zwecke der erneuten Belegung oder

2. Anlage eines neuen Friedhofes.

Für das Anlegen eines neuen Friedhofes sprechen mehrere Überlegungen. Einmal sollte man doch wenn auch, langsam, den Friedhof inmitten des Dorfes auslaufen lassen. Aus. ethischen und anderen Gründen.

Zum anderen kommen wir um die Errichtung einer Leichenhalle, so wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist, nicht umhin.

Und da scheint es doch geraten, diese dorthin zu stellen, wo auf lange Sicht die Anlegung eines Friedhofes möglich ist.

Auch der Lage, wie sie der Generalbebauungsplan vorsieht, sollte man zustimmen, denn so schön die obere Flachsau auch sein mag, so dürfte die Anlage des Friedhofes an dieser Stelle, im Hinblick auf das dort ausgewiesene Industriegelände und den dann evtl. entstehenden rauchenden Schloten doch bedenklich stimmen.

Unser Gemeindemannviehstall

In den ländlichen Gemeinden spielt die Tierzucht - oder auch Vatertierhaltung - eine erhebliche Rolle.

Während vor nicht allzulanger Zeit von einem großen Teil der ansässigen Familien allein durch ihre starke Ziegenhaltung der Mannviehstall benutzt wurde, wird er heute - bedingt durch den Wegfall der Ziegen und die immer mehr um sich greifende künstliche Besamung - noch nicht einmal mehr ganz von dem landwirtschaftlichen Bevölkerungsanteil in Anspruch genommen. Somit ist an eine Rendite, ja nicht einmal an einen Ausgleich der Aufwendungen zu denken.

Daher bereitet gerade die Mannviehhaltung der Körperschaft wie der Verwaltung großes Kopfzerbrechen.

Hinzu kommt, daß durch die Tierhalter in Bezug auf Haltung und Güte der Vatertiere, weil verschiedene Zuchtviehhaltungen bestehen, Schwierigkeiten auftreten.

Wenn auch die Gemeinde in den hier anstehenden finanziellen Dingen sich stets großzügig zeigte, so ist doch der Zeitpunkt gekommen, ernsthafte Überlegungen über den weiteren Bestand des Gemeindemannviehstalles in dieser Form anzustellen.

Daß dieses unsere Landwirte schon getan haben, ist als sehr erfreulich zu bezeichnen und dürfte den Fragenkomplex vereinfachen.

Quelle: Mitteilungsblatt der Gemeinde Niederbrechen Nr. 1964/07 (01.04.1964)

 

2. Fortsetzung - Erläuterung des Haushaltsplan 1964

Die Ortsplanung

In jeder Gemeinde gibt es dringende und drängende Vorhaben.

Neben den bei uns sich in Fluß befindlichen Projekten haben wir ein Hauptaugenmerk auf einen Generalbebauungsplan - eine Ortsplanung auf lange Sicht - und damit die Ausweisung neuer Baugebiete gelegt.

Das hat seine Begründung in der völligen Strukturwandlung unserer Gemeinde.

Während die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten immer mehr absinkt. erhöht sich die Zahl der Berufspendler, die sich täglich in Bewegung setzen.

Sie fordern Wohnraum.

Sie fordern ein kleines Stückchen Land, wo sie ein Haus bauen, im Garten arbeiten können.

In ihnen rollt das dörfliche, das bäuerliche Blut.

Darum wollen sie ihrem Dorfe treu bleiben.

Wenn es uns bisher schlecht gelungen ist, Arbeitsplätze im Dorf zu schaffen, so wollen wir doch all diesen bedauernswerten Pendlern gute Wohnmöglichkeiten bieten.

Daher nicht zuletzt unsere so großzügig angelegte Planung.

Sie ist es auf etwa die nächsten 50 Jahre zugeschnitten.

Wir bilden uns nicht ein, für diesen Zeitraum richtig zu planen, aber richtungweisend wollen wir sein.

Fachleute, die kamen und schauten, beneiden uns über das schon Vorhandene. Besserwisser lächeln.

Nur in Jahrzehnten und unter gemeinsamen Anstrengungen können diese großen Aufgaben, die damit systematisch heranwachsen gelöst werden.

Die Langfristigkeit erlaubt es, die Maßnahmen zeitlich und räumlich auf die lokalen und regionalen Gegebenheiten abzustellen.

Und wenn heute die geplante Nord-Ost-Umgehungsstraße auch nur auf dem Papier steht, so rollt sicher im Jahre 2000 längst der Verkehr über sie.

Die alarmierenden Zeichen - hervorgerufen durch Bevölkerungszunahme, Verkehrsdichte usw. - sind erkannt.

Die Initiative, mit dieser dynamischen Entwicklung Schritt zu halten, ist ergriffen.

Unser Dorf-von morgen soll nicht gegen uns, soll nicht ohne uns, sondern von uns gestaltet werden.

Neben diesen Maßnahmen, die in allen Städten und Gemeinden mehr oder weniger anstehen, gibt es aber auch noch andere Dinge, die ein Gemeinwesen in sich beherbergt, die abrundend und auch auflockernd wirken.

Da ist zunächst der Sport, um nur einige zu nennen.

Eine gesunde Umwelt formt einen gesunden Menschen.

Dieser Satz ist so alt, wie der Sport selbst.

Erfreulich, daß auch noch bei uns eine große Anzahl Jugendlicher zum Training, zum Sport strebt und damit in dieser hektischen Zeit Ideale. die uns alle beseelen sollten, hochhält.

Im Laufe der Jahre durfte die Gemeinde immer wieder durch finanzielle Zuwendungen und andere Hilfen ihre Bereitschaft für den Sport und damit die Anerkennung der Sportler bezeugt haben.

Und sollt en sich die langsam heranreifenden Pläne für eine völlige Neugestaltung unserer Sportstätte verwirklichen lassen, so wird die Gemeinde auch hier wissen, was sie zu tun hat, ist sie sich doch ihrer Verpflichtung gegenüber ihrer Jugend sehr wohl bewußt.

Unsere musischen Vereine

gleich mehrere an der Zahl, fallen durch ihre jugendliche Kraft günstig auf, wenngleich sie oft von hohem Alter sind.

Denn in diesen abgeschlossenen Gemeinschaften kommen dieselben Menschen zu den selben Gepflogenheiten immer wieder zusammen, sie kennen sich durch Jahre. Sie kennen ihre gegenseitigen Nöte, ihre Freuden.

Sie sind ein Bollwerk gegen die bürgerliche Behäbigkeit.

Durch ihre breite Streuung wirken sie sich segensreich auf die Öffentlichkeit aus und ihre Leistungen erfreuen uns nicht nur, sondern tragen außergewöhnlich zum Ansehen des Dorfes bei.

Nicht unerwähnt dürfen unsere Züchtervereine bleiben.

Es ist sicher kein weltgeschichtliches Ereignis von Tauben und Hühnern zu berichten.

Aber wenn die Weltgeschichte sich aus kleinen und kleinsten Dingen zusammensetzt, dann spielen auch Tauben und Hühner hierin ihre Rolle.

Welch eine Kraft und Zeit für das Kleine, das Sanfte, das Unschädliche von ernsthaften Männern aufgewandt wird, weiß nur der Kenner.

Und die Hand, die je ein gurrendes Köpfchen streichelte, aus der ein zärtlicher Schnabel fraß, dürfte für den Rest des Tages nur noch friedlichen Dingen zugewandt sein.

Die Erfolge unserer Züchter beweisen die Richtigkeit ihres Tuns.

Unser Steueraufkommen

In Titel 9 im: vorliegenden Haushaltsplan auf Seite 49, können von über drei Jahren die Steuereingänge beobachtet werden.

Eine bessere Übersicht, bietet die Anlage 3, Seite 80, wo ein Überblick vom Jahre 1958 angegeben ist.

Während die Grundsteuer A, für landwirtschaftliche Grundstücke langsam absinkt, steigt, ebenfalls langsam, die Grundsteuer B - für bebaute Grundstücke.

Sehr steil nach oben dagegen ist die Kurve der Gewerbesteuer.

Von 40.000,00 DM 1958 erreichte sie 1963 die Höhe von 130.000,00 DM,

Wenn mir entgegengehalten wird, in dieser Zeit hätte sich der Hebesatz dieser Steuer auf 230 % erhöht, dann muß ich erwidern, daß sich zur gleichen Zeit der Gewerbesteuerfreibetrag ziemlich stark erhöhte und auch ins Gewicht fiel.

Es liegt somit eine echte Steigerung des Aufkommens vor, von der wir wünschen, daß sie in diesem Maße zu unserer aller Freude anhält. Erwähnenswert sind weiter die Gewerbesteuerausgleichszuschüsse. Von 27.500,00 1958 stiegen sie auf 43.700500 DM 1963.

Durch Maßnahmen des Bundes und des Landes, in der Erkenntnis, daß den Gemeinden bei ihre großen, sie erdrückenden Aufgaben geholfen werden muß, stiegen die Schlüsselzuweisungen - auch Finanzausgleich genannt - von 30.000,00 DM 1958 auf 219.800,00 DM im Jahre 1963.

Diese und andere Einnahmen setzten uns in die Lage, die vielen vielen, zum Teil großen Maßnahmen, da die finanzielle Grundlage vorhanden war, zu Planen und durchzuführen. (Fortsetzung folgt)

Quelle: Mitteilungsblatt der Gemeinde Niederbrechen Nr. 1964/08 (09.04.1964)

 

3. Fortsetzung - Erläuterung des Haushaltsplan 1964

Aus dem Abschluß des Steuerkontos 1963 ist folgendes zu entnehmen:

Grundsteuer A            Soll        26.574,74 DM

Ist          26.310,14 DM somit Reste                 264,60 DM

Grundsteuer B            Soll        33.699,04 DM

Ist          33.627,10 DM somit Reste                   71,94 DM

Grundsteuer C            Soll          7.551,06 DM

Ist            4.895,41 DM somit Reste              2.655,65 DM

Gewerbesteuer           Soll      133.562,96 DM

Ist        128.837,85 DM somit Reste              4.725,00 DM

Bei diesen letzten Resten ist zu bemerken, daß über 4.000,00 DM auf einen Steuerpflichtigen fallen.

Somit sind gerade bei diesen großen Gewerbesteueraufkommen die Beträge äußerst gut eingegangen.

Hundesteuer               Soll      1.538,00 DM

Ist        1.529,00 DM somit Reste      9,00 DM

Die hohen. Reste der Grundsteuer C sind auf die Weigerung zur Zahlung- verschiedener Steuerpflichtiger zurückzuführen. Einige Mitbürger glaubten beim Verwaltungsgericht in Wiesbaden ihr vermeintliches Recht suchen zu müssen. Sie mußten sich aber von dort belehren lassen, daß der Gemeindevorstand, bzw. die Gemeindeverwaltung exakt und richtig verfahren hat. Weniger Worte - mündlich wie schriftlich - wären in diesem Falle mehr gewesen.

Der Soll-Abschluß für das Rechnungsjahr 1963 liegt vor und hat folgendes Bild:

I. ordentlicher Haushalt:

            Einnahmen                 832.774,77 DM

            Ausgaben                   825.749,18 DM

Soll-Überschuß              7.025,69 DM

II. Für den außerordentlichen Haushalt für das Rechnungsjahr 1963 liegt der Ist-Abschluß vor.

Einnahmen                 1.026.942,52 DM

Ausgaben                       989.105,08 DM

Ist-Überschuß                   37.837,44 DM

Dieser Ist-Überschuß ist im außerordentlichen Haushalt 1964 in den einzelnen Haushaltsstellen aufgeteilt vorgetragen.

Der diesjährige Haushaltsplan zeigt folgendes Ergebnis:

a) Der ordentliche Haushalt:

            Einnahmen                 757.527,50 DM

            Ausgaben                   756.527,50 DM

b) Der außerordentliche Haushalt:

Einnahmen                 460.260,94 DM

Ausgaben                    460.260,94 DM

Gesamtvolumen somit        1.216.788,44 DM

Zwei der 15 Gemeindevertreter waren bei der Verabschiedung der Haushaltssatzung und des Haushaltsplanes 1964 entschuldigt. Von den 13 anwesenden Gemeindevertretern stimmten 12 für den Haushaltsplan, 1 Stimme war dagegen. Somit war der Haushaltsplan mit großer Mehrheit angenommen.

Die Vermögenslage der Gemeinde

Lt. Anlage I des vorliegenden Haushaltsplanes Seite 72 - 74 beläuft sich das Vermögen der Gemeinde auf 1.766.673,13 DM.

Bei der Kommunalverwaltung wird nicht der Verkehrswert oder Schätzwert, sondern der Einheitswert oder Entstehungswert zu Grunde gelegt.

Ein Beispiel:

Unser 282.50,00 ha große Wald steht nur mit 137.300,00 DM zu Buche. In Wirklichkeit stellt er ein Millionenobjekt dar. Daher ist eine Relation zwischen Vermögen und Schulden der Gemeinde schlecht möglich.

Und somit ein Wort zu unseren Schulden

Sie sind angewachsen auf 1.054.807,61 DM, Die Erläuterungen hierzu finden Sie auf Seite 76 - 78 des Haushaltsplanes. Das bedeutet eine pro-Kopf- Verschuldung von 308,51 DM.

Diese Schuldenmasse erfordert im Jahre 1964 ein Tilgungsaufkommen von 26.322,57 DM und einen Zinsendienst von 44.395.64 DH, wovon 12.940,92 DM Zinszuschüsse schon abgesetzt sind.

Der Außenstehende erschrickt vielleicht beim Hören oder Lesen dieser nicht kleinen Zahlen.

Wenn aber nach Erfüllung aller Weisungs- und Pflichtaufgaben, aller geschätzten und kalkulierten Vorkommnisse noch - wie in diesem Jahr - 260.000,00 DM zur freien Verfügung anstehen, dann haben wir uns durch die Aufnahme der Kredite nicht eingeengt, haben uns nicht die Luft genommen und können ruhigen Gewissens dem Morgen oder auch dem nächsten Jahr entgegensehen.

Aber weiterhin bleibt der Finanzbedarf unserer Gemeinde riesengroß.

Mit besonders herzlichen und aufrichtigen Worten möchte ich unseren Steuerzahlern danken.

Wir fühlen uns gerade Ihnen gegenüber verpflichtet, die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Führung der Gemeindeverwaltung auf das Sorgfältigste zu beachten.

Denn nichts ist leichter, als diese Gelder durch einmütige Beschlüsse für Maßnahmen auszugeben, die sachlich vertretbar und notwendig sind und gewiß auch den ungeteilten Beifall unserer Bürger finden werden.

Ist doch das Ausgeben fremden Geldes, auch wenn es noch so wertvolle und edle Zwecke verfolgt, eine nicht gerade aufregende und anstrengende Leistung.

Wir wollen uns daher nicht gegenseitig den guten Willen streitig machen, das Beste für unsere Bürger £u tun, sondern gemeinsame Wege suchen, um im Rahmen des Möglichen das Optimale zu finden.

Um dieses zu erreichen, darf es kein Spannungsverhältnis zwischen der Legislative, als der gesetzgebenden Gewalt, und der Exekutive, als der Vollziehungsgewalt, geben.

Und jeden bitte ich, sich dieses besonders zu Herzen zu nehmen.

Diese Erläuterungen, in denen ich versucht habe, die Geschehnisse unseres Dorfes in dürren Worten zu ergründen, soll nicht ohne ein Dankesworte schließen.

Dank, herzlichen Dank allen meinen Mitarbeitern auf dem Rathaus.

Nur durch ihren Einsatz bis zum Letzten, die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit, waren die Leistungen des letzten Jahres möglich.

Aber auch Dank Ihnen, meine Herren, für die gute Zusammenarbeit, vor allem für ihre stete Bereitschaft, Ihr Können und Ihre Freizeit jeder Zeit zum Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.   (Schluß)

Quelle: Mitteilungsblatt der Gemeinde Niederbrechen Nr. 1964/09 (16.04.1964)

 

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