Bombenstimmung im “Frohsinn-Anker” - MGV Frohsinn Niederbrechen bot 4-stündiges Non-Stop-Programm beim Familienabend

Nach dem erfolgreichen Frauenkreppeikaffee konnte der Verein mit dem traditionellen Familienabend am 06.02.1978 erneut zu einer karnevalistischen Veranstaltung einladen.

Das Motto “Zum Frohsinn-Anker” ließ einen unterhaltsamen Abend erwarten, so daß die Turnhalle bis auf den letzten Platz gefüllt war.

Schon Dekoration und Bühnenaufbau zeigten, daß dem Publikum etwas Außerordentliches geboten werden sollte. Die Bühne war in eine Hafenbar verwandelt worden; statt der üblichen Bühnenvorhänge hingen große, grüne Netze und gaben die nötige Atmosphäre einer Seemanns-Kneipe.

Zwischen Luftballons, Ruder, Steuerrad und Anker hing noch-mals das Motto des Abends: “Zum Frohsinn-Anker” gleichzeitig der Name der Kneipe. Glanzstück war die eigens angefertigte Bar, die genügend Platz zum Verweilen bot. Und da jede richtige Seemanns-Kneipe eine eigene Kapelle hat, waren die Mannen der Kapelle Hans Steiner ebenfalls auf der Bühne plaziert.

Zu Beginn des Programms begrüßte der 1. Vors. Josef Heun alle Mitglieder, Freunde und Gönner des Vereins. Er kündigte ein reichhaltiges Programm an und wünschte vergnügliche Stunden. Das Einschalten der im Saal hängenden Lichterkette und der effektvollen Bühnenbeleuchtung stimmte das Publikum noch mehr in das Seemanns-Milieu ein, zumal der Chor als erstes ein Seemannslied sang. Von Hubert Königstein auf dem Schifferklavier begleitet, sang der Chor das “Rolling home”, wobei Manfred Edel in Plattdeutsch die Solistellen vortrug.

Die “Frohsinn-Girls” konnten mit ihrem Marsch die Zuschauer so begeistern, daß die erste Zugabe fällig war; einstudiert waren die Tänze von Ursel Heun. Als Wirt vom “Frohsinn-Anker” stellte sich anschließend Heinrich Kremer vor, der die Zuschauer als seine Gäste begrüßte und zu einem gemeinsamen Abend in seiner Kneipe einlud.

Er eroberte sich schnell die Herzen seiner Gäste als er das Lied “Am Golf von Biscaya” sang und das Publikum zum Mitsingen und Schunkeln anregte.

Doch dann wurde es “kriminell”: Ein mittlerweile in die Bar gekommener Gast (gespielt von Ralf Heun) stellte sich als Brechstangen-Ede vor und gemeinsam mit Linda (gespielt von Rita Höhler) und dem Wirt mußten sie erleben, wie Handtaschen-Tom (gespielt von Antonio Hasselbächer) mit der Nachricht hereinplatzt, daß ihr Freund Tresor-Rudi ausgebrochen ist. Als Kommissar entpuppt sich ein zunächst linkisch wirkender Stehgeiger (gespielt von Roland Kremer) diesen von zwei Polizisten (Gerald Groß, Gregor Beinrucker) verhaften läßt.

Dieser vollsaftige Schmunzelkrimi wurde von der Jugend so gut gespielt und dargestellt, daß Lachen und Beifall nicht ausblieben, zumal die originellen Kleider das übrige dazu beitrugen. Seine Rolle als Polizist spielte Gerald Groß weiter, als er von Erlebnissen und Erfahrungen seines Berufes erzählte. Diese waren so voller Humor und Pointen, daß er die Lacher auf seiner Seite hatte.

Nach der Melodie von “La Paloma” brachten die Vereinsdamen ihren von Ursel Heun einstudierten Tanz zur Schau.

Die Zuschauer spendeten für die dargebotene Leistung viel Beifall, und um eine Zugabe kamen die Frauen nicht mehr herum.

Mit Seemannsgarn heizte der Wirt Heinrich Kremer seinen Gästen weiter ein: kein Auge blieb trocken, als er von seiner Äquator-Seereise erzählte. Viel Beifall gab es, als Berthold Hohler als Gast im “Frohsinn-Anker” auftauchte.

Das sich zwischen Gast und Wirt entwickelnde Gespräch war in seiner Komik umwerfend. Gerhard Neukirch betrat mit einem Regenschirm-Gerippe die Bühne und hatte mit seinem “Doof” voll den Geschmack seiner Zuhörer gefunden, so daß sein Vortrag begeistert aufgenommen wurde.

Die Fastnachtsrolle der Frauen steigerte sich zu einem Höhe-punkt: Mit Hubert Königstein am Klavier setzten die in bunten Kostümen bekleideten Frauen zu einer Seereise durchs Vereinsgeschehen ein, um abwechselnd in Versen (vorgetragen von Christel Poppe) und mit Liedern über Begebenheiten, Taten und “Untaten” der Aktiven zu berichten. Die Texte dieser Rolle stammten wie in den letzten Jahren aus der Feder von Erna Groß.

Zu jeder Kneipe gehören Bardamen und als solche traten Anette Kremer und Andrea Heun auf. Sie erzählten von ihrer Arbeit und von ihren Gästen (wobei das Publikum samt Kapelle und Wirt nicht ungeschoren davonkamen) und animierten so die Zuhörer in erster Linie zum Lachen und Klatschen.

Langsam hatte sich der “Frohsinn-Anker” mehr und mehr mit jugendlichen Gästen gefüllt und als Andreas Arthen, einen Betrunkenen mimend, die Kneipe betrat, wußte jeder, daß die Fastnachtsrolle der Jugend begonnen hatte. Mit gespielten Dialogen, Versen und einem flotten Melodienreigen brachten die 13 jugendlichen Frohsinn-Sänger einen heiteren Querschnitt aus dem Vereinsjahr 19 77 und konnten so weiteren Schwung in die Reihen bringen. Als dann noch nach dem Lied “Die kleine Kneipe” die “Frohsinn-Girls” das Lokal stürmten um Stellung für die “armen” Sängerfrauen zu beziehen und Werner Riedel die Verteidigung der Sänger übernahm, wollten Jubel und Beifall kein Ende nehmen. Gemeinsam gingen dann Jugend, “Frohsinn-Girls” und Publikum “per Lied” auf eine lustige Seefahrt und einem St. Pauli-Bummel.

Die Klavierbegleitung der Jugend hatte Michael Klippel übernommen; Texter und Leiter war Gregor Beinrucker.

Waltraud Lischke konnte ihren Vortrag als “Haschbruder” so fantastisch darbringen, daß die Zuschauer ohne Hasch, aber vom Lachen “high” wurden.

So manchem Ehemann sangen und sprachen die “Pantoffel- Helden” aus der Seele und nach dem Beifall zu urteilen, fühlte sich gar mancher angesprochen. In Nachthemden und mit Schlafmützen, Bettwärmer und Kerze, dazu die obligatorischen Pantoffeln und den Waschlappen, betraten Werner Riedel, Thomas Schupp, Christof Heun und Gregor Beinrucker Szene und wußten so gut aus ihrem leidgeprüften “Pantoffelhelden-Dasein” zu berichten, daß der Saal aus dem Lachen nicht herauskam.

(Fotos: Vereinsarchiv)

Einen Leckerbissen ganz besonderer Art wurden den Gästen des “Frohsinn-Ankers” von Maria Heun als Fischfrau geboten. Mit einer Angelrute bewaffnet und mit ihren “Lachsen, Karpfen und Aalen” heizte sie die Stimmung weiter an und wurde mit sehr viel Applaus belohnt.

Der Wirt wußte wieder mit Seemannsgarn zu flunkern und er-zählte einem staunenden Publikum von seiner “unmöglichen” silbernen Hochzeitsreise nach Grönland. Aus wärmeren Gefilden kam ein “arabistanischer” Scheich (Gregor Beinrucker) in den “Frohsinn-Anker” um seinen alten Freund “Fritz Abu Ben Macher Schuh” in Alemanistan zu besuchen. Die “Frohsinn- Girls” ließen dann mit einem modernen Tanz nach dem Schlager “Tanze Samba mit mir” die Herzen der Männer höherschlagen und hatten so noch eine Zugabe zu bringen.

Der Wirt Heinrich Kremer konnte mit seinem Vortrag “Die Seereise” die ohnehin schon fantastische Stimmung nochmals steigern. Er erzählte von einem Traum, wie er als Junge zur See gefahren, von einem Hai geschluckt worden ist und was er alles erlebte, bis er endlich wieder ausgespuckt wurde.

Dann setzte das Programm zum krönenden Höhepunkt an: Originell und bunt gekleidete Seepiraten verschaffen sich mit Kisten, Ketten und Stangen bewaffnet Eintritt in den “Frohsinn-Anker”. Von Hubert Königstein auf dem Schifferklavier, Josef Heun an der Gitarre und Michael Klippel am Klavier begleitet, zeigten zehn Piraten (Sänger des Vereins) was sie unter ihrem “Piratenkäpt’n” Friedhelm Schütz an Beweglichkeit und Drill-Übungen und unter ihrem “Steuermann” Helmut Schneider an Liedern gelernt hatten. Mit “Karamba, Karacho, ein Whisky” ging’s los und die Zuschauer waren hell auf begeistert mit den “Frohsinn-Girls” schunkelten dann die Piraten nach der Melodie von “Schön ist die Liebe im Hafen” und das Publikum schloß sich mit voller Kehle an. “Wir lagen vor Madagaskar” war der musikalische Hintergrund, der das Training und die Übungen der Piraten begleiteten: Beifallsstürme setzten ein, als die Männer zum Kosakentanz, Liegestütz, Bockspringen und Rad ansetzten - und keiner blieb auf den Stühlen als das Programm sofort ins Finale überging und die Frauen, “Frohsinn- Girls” und alle anderen Beteiligten während des Liedes “Heute an Bord” nach und nach d auf der Bühne erschienen. Gemeinsam mit den Akteuren sang, schunkelte und klatschte das begeisterte Publikum Lieder wie “Das gibt’s nur auf der Reeperbahn” oder “Auf der Reeperbahn nachts um halb eins”.

Als dann noch die Seepiraten aus einer der mitgebrachten Kisten Kaninchen zauberten und sie auf die Bühne setzten, drohte der Saal aus den Fugen zu geraten.

Der Wirt Heinrich Kremer bedankte sich beim Publikum für dieser begeisterte Stimmung, bei den Akteuren für ihre wochen-langen Proben und nicht zuletzt bei den Bühnenbauern unter George Heun, die in langer Arbeit die Voraussetzungen für eine derartige Atmosphäre geschaffen hätten.

Er schloß mit dem Wunsch, im nächsten Jahr wieder ein solches Programm bieten zu können. Mit dem Lied “So ein Tag“ und dem Herablassen von Luftballons wurde das Programm mit “Alaaf” und “Helau” um Mitternacht beendet.

Beim anschließenden Tanz mit der Kapelle Hans Steiner blieb die fantastische Stimmung und der Jubel bis in die frühen Morgenstunden erhalten, zumal auf der Bühne die Bar des “Frohsinn-Ankers” geöffnet blieb.

(Quelle: Inform. Informationsblatt für die Gemeinde Brechen, 01.02.1978, S. 06: Bombenstimmung im “Frohsinn-Anker” - MGV “Frohsinn” bot 4-stündiges Non-Stop-Programm beim Familienabend.)

Verfasser: Arbeitskreis Historisches Brechen, 07.03.2024, -GB-

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