Trachtenverein Niederbrechen aus England zurück
Als eine gut gelungene Englandfahrt darf der Trachtenverein die 3000 km Tournee betrachten. Schon um 4.30 Uhr am 22. Juli setzte sich der neue Bus der Fa. Megolat mit 50 Personen in Richtung Calaise in Bewegung. Bei herrlichem Wetter wurde der Kanal überquert und von Dover aus fuhr man nach Folkestone weiter, wo bereits die Quartiergeber für die erste Nacht auf der grünen Insel warteten. Am Abend in der Leas cliff Hall tanzten die Volkstanzgruppe aus Folkestone und die Emsbachthaler aus Niederbrechen. Selbst der Bürgermeister, Frau Newson, schloß sich bei dem völkerverbindenden Heimatabend nicht aus.
Bereits um 8.00 Uhr am nächsten Morgen ging die Fahrt weiter nach London zur deutschen Botschaft, wo man für die Vermittlung des Festivals in Middlesbrough ein Erinnerungsgeschenk abgab. Bei der Fahrt entlang des Hyde Parks konnten sich die Reisenden von der Vielfalt dieses weltberühmten Platzes überzeugen. Pünktlich um 17.00 Uhr fuhr man in Midollesbrough in Nordengland ein und nach der Anmeldung sofort weiter nach Guisberaugh, einer Vorstadt der Cleveland Metropole, wo auch bereits die Quartiergeber warteten. Es gab ein herrliches Wiedersehen mit den alten Freunden und in 15 Minuten waren alle 50 Personen untergebracht. Und wie sich später herausstellen sollte, hatte jedermann eine sehr gute Unterkunft. Nach einem herzlichen Empfangsabend in der Guisberough Hall wurde es am Montagmorgen ernst, denn es beteiligten sich 59 Gruppen mit ca. 4500 Teilnehmern an den Tanz-Sing- und Spielwettstreiten.
Die Emsbachthaler waren der einzige Verein, der sich in 7 Klassen beteiligen konnte. Als erstes stand die große Volkstanzgruppe mit dem Mühlradi und dem Sterntanz auf der mit Scheinwerfern überstrahlten Bühne der Town Hall. Trotzdem die Emsbachthaler keinen Fehler machten, landeten sie auf dem 8. Platz, weil gegen die Tanzgruppen der Ostblockstaaten mit ihren Halbprofis nichts auszurichten war. So blieb es auch bei allen anderen Klassen.
Am Nachmittag war die Männer- und Frauen-Volksgesangsgruppe an der Reihe. Die Männer kamen mit ihren Liedern ‘Glück auf’ und dem Schneewalzer auf den 7. Platz und alle Frauen mit dem Lied ‘Heidi’ und der Gemütlichkeit auf den 5. Platz.
Dasselbe Bild bot sich am Dienstag, als die Buam mit der ersten Gruppe, den Haushammer Schuhplattler und den Bankerltanz auf die Bretter legten und nur den 8. Platz bekamen. Die zweite Gruppe brachte den ‘Himmlischen Vater Schuhplattler’ und den Doppelländler. Dafür stufte man sie auf den 6. Platz ein.
Am Nachmittag war die Kapelle an der Reihe. Mit einem Bayerischen Ländler und dem Knappentanz landeten sie auf dem letzten Platz, trotz des besten Vortrages aller Musiker, nur weil es keine alten Instrumente waren. Der Mittwochvormittag war den Solo-Sängern Vorbehalten. Und wieder hatte der Sänger der Emsbachthaler den besten Vortrag mit dem Lied ‘Kein schöner Land‘ und dem Westerwaldlied. Jedoch letzteres konnte die Jury in keinem Liederbuch finden, und somit war der zwölfte Platz von 19 Sängern nur ein kleiner Trost. Am Nachmittag gab es Freudentränen am laufenden Band, als die kleine Volkstanzgruppe mit dem Dreisteyrer beim Publikum einen großen Erfolg erzielte. Jedoch die Freude währte nicht lange. Die anderen Gruppen hatten einige Leute mehr auf der Bühne und damit alle vorderen Plätze. Die vermeintliche Ungerechtigkeit lag darin, daß in der Ausschreibung von 3 bis 8 Personen die Rede war und die Jury sich von den eingedrillten Stepptänzen der Ostblockstaaten treiben ließ.
Bei der Heimfahrt waren alle so deprimiert wie nie zuvor. Dafür konnten aber die Gastgeber nichts. Denn auch sie haben zu Hause auf den Bildschirmen (alle Wettstreite wurden live übertragen) die Misere beobachtet und sofort versucht, die Gruppe wieder aufzurichten. Genauso erging es dem Solo-Musiker. Sein Vortrag und die Auswahl der Lieder - Riesengebirge und Bayrischer Ländler - war der Beste, aber sein Instrument (Schifferklavier) nicht alt genug, und so mußte er sich mit dem letzten Platz begnügen. Das alles aber hatte keine Auswirkung auf das gute Verhältnis mit den Gastgebern, denn die deutsche Gruppe wurde mehr und mehr zum Liebling des Publikums in der Town Hall (1500 Plätze) und den Fernsehzuschauern.
Denn wo immer man eine Tanz- und Singgruppe benötigte, ob drinnen in der Halle oder draußen im Viktoria Park, wenn die beiden Femsehbühnen besetzt werden mußten um die Sendezeiten auszufüllen, waren die Emsbachthaler bereit sofort einzuspringen und aus dem Stehgreif mit Tänzen und Liedern auszuhelfen. Auch das Publikum wurde zum mitschunkeln und mitklatschen aufgefordert. Laut Ansage des Fernsehreporters war die Niederbrechener Gruppe die vielseitigste und aktivste. Sie verstanden es, das Publikum mit ihrer Natürlichkeit und mit Herz für sich zu gewinnen, ohne jeden politischen Druck oder Zwang.
Der Donnerstagmittag wird als ein historischer Höhepunkt in die Vereinsgeschichte eingehen, als nämlich die Emsbachthaler vom deutschen Konsul, Herrn Philipp König, der extra wegen des Festivals von seinem Amtssitz, dem Generalkonsulat in Liverpool, herüberkam und in seinem Amtszimmer in der Town Hall in Middlesbrough empfangen wurden.
Zugegen waren ebenfalls der Bürgermeister mit Frau Gemahlin, die Verantwortlichen des Festivals und der Stellvertreter des Konsuls Chairmann - Jim Tatchell. Der Bürgermeister sowie der Konsul sprachen herzliche Begrüßungsworte und dankten den Emsbachthalern für ihren aktiven Einsatz, der zu einem guten Gelingen des Festes beitrug. Auch sollen auf diesem Wege die Grüße an die Gemeinde Brechen und deren Bürger weitergegeben werden. Erinnerungsgeschenke wurden ausgetauscht und beim Umtrunk stieß man auf die gute Freundschaft beider Länder an. Mit der Eintragung ihres Namenszuges in das Gästebuch der Emsbachthaler bekundeten die Gastgeber ihren guten Willen zur Völkerfreundschaft.
Auch die Niederbrechener Gruppe ist im Buch der Stadt Middlesbrough verewigt. Mit den besten Wünschen für die Zukunft und ein Wiedersehen in zwei Jahren wurden die Emsbachthaler verabschiedet.
Der Donnerstagabend war den Gastgebern vorbehalten.
In der Church Hall wurde ein Konzert der drei Gruppen, die in Guisberough untergebracht waren, gestaltet.
Der rumänische Chor aus cluj - Napoca, die Trommler Tanzgruppe aus Kandy-Sri Lanka (zwischen Zylon und Indien) und den Emsbachthalern.
Am Freitag fuhr man über die Clevelandberge (die Moors) sagen die Engländer, weil nur Heidekraut, Fahrn und wildes Gestrüpp wächst, nach Jork, der alten Provinzstadt. Mit der Besichtigung des Minsters und der innerhalb des noch erhaltenen Stadtwalles befindlichen Altstadt erlebten die Gäste aus dem Goldenen Grund eindrucksvolle Stunden. Dann ging es der Küste entlang über Scarborough-Filly und dem bekanntesten und schönsten Seebad Whithby wieder zurück. Dem gemütlichen Beisammensein am Abend folgte am Samstagmorgen der schwere Abschied. Als das Erinnerungsfoto auf die Platte gebannt war, und man sich zum letzten Mal die Hand reichte, flossen viele Tränen der Verbundenheit. Es war ein Ausdruck echter Freundschaft. Hinzu kam, daß einige junge Leute das Leitwort - Freundschaft mit allen Völkern - das der erste Vorsitzende der Emsbachthaler prägte, sehr wörtlich nahmen und gleich in die Tat umsetzten.
Nach einer 600 km-Fahrt traf man wiederum pünktlich um 17.00 Uhr in Tunbridgewells, der letzten Station des Trachtenvereins ein. Es gab ebenfalls eine herzliche Wiedersehensfreude mit vielen alten Bekannten, die alle im Februar in Niederbrechen waren.
Die Quartiere waren im Nu verteilt und so traf man sich um 7.30 Uhr zum großen Heimatabend, den die Emsbachthaler alleine gestalteten.
Die Kapelle spielte zünftig auf, die Trachtlermusiker begleiteten die Plattler und Tanzpaare und die Sänger sorgten für den nötigen Schwung. Das gelang wunderbar, denn Tunbridgewells ist die Partnerstadt von Wiesbaden und darum sind die Leute sehr mit den Gepflogenheiten und Brauchtum der Deutschen vertraut. Nachts wütete ein schweres Gewitter über Südengland und es goß noch am Morgen beim Abschiednehmen. Über dem Kanal lag eine dichte Nebelbank, so daß die Fähre mit zwei Stunden Verspätung in Calaise ankam. Hier war natürlich heiterer Sonnenschein.
Gegen Mitternacht traf die Reisegesellschaft wieder wohlbehalten am Ausgangspunkt ein.
Jeder Teilnehmer wird diese 8-Tagesfahrt noch lange Zeit in Erinnerung behalten.
(Quelle: Inform. Informationsblatt für die Gemeinde Brechen, 10.08.1978, S. 07: Trachtenverein Niederbrechen aus England zurück.)