Der Arbeitskreis Historisches Brechen erinnert mit zwei Fotoausstellungen am Sonntag, dem 12. November 2017 von 9:30 bis 18:00 Uhr im Pfarrer-Herlth-Haus an die frühen KjG-Zeltlager 1956 bis 1969 und an die deutsch-französischen Jugendbegegnungen, die 1966/67, also vor 50 Jahren, begannen. Beide Ausstellungen finden im Rahmen der jährlichen Weihnachts-Buchausstellung und Cafeteria der Katholischen öffentlichen Bücherei Niederbrechen statt.
Katholische Kinder- und Jugendarbeit hat in Niederbrechen – wie in vielen anderen Gemeinden und Ortsteilen – eine lange Tradition, die in der Nazi-Zeit zwar eingeengt und stark behindert, aber nach 1945 wieder mit großem Schwung fortgesetzt wurde. Neben den jeweiligen Pfarrern engagierten sich vor allem die Kapläne und ermöglichten so viele Aktivitäten, die für die damalige Zeit nicht selbstverständlich waren. Ausgedehnte Ausflüge in die nähere Umgebung, die beiden Fahrrad-Fahrten nach Holland (1954 und 1955) oder die Teilnahme an den Diözesanzeltlagern in Kirchähr sind bei vielen in sehr guter Erinnerung geblieben. 1956 fand dann das erste selbst organisierte Zeltlager zusammen mit der Jungschar Oberbrechen in Hasselbach (Taunus) statt. Die Lagerleitung hatte der Niederbrechener Pfarrjugendleiter Karl Bach sowie die beiden Kapläne Heribert Schmitt (NB) und Albert Muth (OB).
Damit war der Grundstein für die Durchführung der Zeltlager in den nächsten Jahrzehnten gelegt: 1957 Hausen (Westerwald), 1958 Frickhofen (Westerwald), 1959 Hellenhahn (Westerwald), 1960 Astert (Westerwald), 1961 Oberbiel (Lahn/Dill), 1962 Dombach (Taunus), 1963 (Mengerskirchen (Westerwald), 1964 Braubach (Rhein/Lahn), 1965 Astert (Westerwald), 1966 fand kein Zeltlager statt, 1967 Wirzenborn (Westerwald, 1968 Attenhausen (Lahn) und 1969 St. Jost (Eifel) – das sind die Orte, die die Ausstellung in Erinnerung ruft. Bis 1980 hat es danach jährlich weitere Zeltlager gegeben, dann nochmal 1985 (Taunusstein) und 1986, 1987 und letztmals 1991 (jeweils in Langgöns).
1988 sowie auch 1989, 1990, 1991, 1992 und 1993 fanden Pfingst-Zeltlager statt; seit 2012 findet jährlich ein KjG-Pfingstzeltlager für Jungs und Mädchen auf der PeeZ-Wiese in Niederbrechen statt – bis 2017 in den alten „historischen" Rundzelten der KjG.
Parallel zu den Zeltlagern bot die Katholische junge Gemeinde (KjG) Niederbrechen ab 1969 zunächst Mädchen-Freizeiten, dann Freizeiten für verschiedenen Kinder- und Jugendgruppen an – jährliche Aktivitäten, die bis heute Jahr für Jahr angeboten werden. Diese Kinder- und Jugendfreizeiten der KjG Niederbrechen knüpfen somit in neuer Form an die damalige Ära der Zeltlager an und setzen damit eine weit über 60-jährige Tradition fort.
Eng mit dieser Tradition verbunden sind die Fahrten der KjG ins Ausland – so bereits 1954/55 mit dem Fahrrad nach Holland. Im Rahmen der deutsch-französischen Aussöhnung gewannen Begegnungen von jungen Leuten beidseits der Grenze eine besondere Bedeutung, unterstützt und gefördert durch das deutsch-französische Jugendwerk. 1965 weilte eine erste Gruppe von 40 jungen Franzosen aus Lens/Pas de Calais in Begleitung zweier Kapläne in einem Zeltlager in Haintchen. 1966 folgte eine Gruppe mit über 140 jungen Leuten aus dem Raum Lens, die in der hiesigen Region, u.a. auch in Nieder- und Oberbrechen untergebracht waren. Eine weitere Gruppe aus dem Raum Lens war ein Jahr später wieder in Niederbrechen (in der Schule) untergebracht.
Vom 14. bis 28. Juli 1967 war dann eine Gruppe von 26 Niederbrechener Jugendlichen mit ihren Betreuern in Lens, wo sie in der dortigen Schule Quartier bezogen. Neben Begegnungen mit alten und neuen Freunden standen vor allem Besuche kultureller, kirchlicher und historischer Sehenswürdigkeiten sowie von verschiedenen Soldaten-Friedhöfen und Kriegsschauplätzen auf dem Programm. Im Juli 1968 fand die zweite Frankreich-Fahrt mit 35 Jugendlichen unter Leitung von Kaplan Hermann-Josef Schwickert nach Lens statt.
Dieser Jugendaustausch zwischen Niederbrechen und Lens fand das besondere Interesse des damaligen Niederbrechener Pfarrers Karl Bernhardt, der als junger Soldat die Hölle von Verdun erlebt hatte und dem die deutsch-französische Aussöhnung ein ganz besonderes Anliegen war.
1969 fand die Begegnung der jungen Leute beider Orte in Garmisch-Partenkirchen statt, danach kam es zu weiteren Begegnungen. Im Rahmen der Freizeit-Angebote der KjG Niederbrechen wurden über viele Jahre Frankreich-Aufenthalte in das nahe gelegene Ruitz angeboten (1973-1975, 1978-1979, 1981), aber auch zu anderen Orten in Frankreich.
Der Kontakt zwischen einigen der Teilnehmer dieser ersten Treffen setzte sich bis heute fort - so trafen sich in diesem Jahr – 50 Jahre nach der ersten Begegnung - einige der Beteiligten in Lens.
(Quelle: Pressemitteilung Arbeitskreis Historisches Brechen 04.11.2017)
Niederbrechen/Lens/Ruitz. Bereits 2013 begannen die ersten Sondierungsarbeiten für die Ausstellung, die Gregor Beinrucker und Lydia Arthen vom Arbeitskreis Historisches Brechen mit großer Freude der Öffentlichkeit präsentieren konnten. Auf 40 Ausstellungstafeln wurden Bilder zusammengetragen, die teilweise aus den KJG-Bildarchiven oder aus privaten Quellen stammten. Da in der damaligen Zeit längst nicht jeder eine Kamera hatte, war es eine ziemlich spannende Arbeit, die Bilder zusammen zu tragen und diese Ausstellung entstehen zu lassen. Die Zeltlager sowie die Auslandsaufenthalte waren oftmals die einzige Möglichkeit für die jungen Menschen, etwas anderes erleben zu können. Und so standen die älteren Ausstellungsbesucher staunend vor den alten Schätzen, die schlagartig ihre Erinnerung weckten „Wart ihr eigentlich oben oder im unteren Stockwerk?“ „Wir waren oben“ – so genau konnte man sich an die damalige Zeit erinnern. Indes schweißten die Zeltlager Gemeinschaften zusammen, die bis heute Bestand haben – es waren bis auf den Besuchstag für die Eltern ausschließlich Jungen zugelassen. Eine spartanische, aber spannende Zeit verbrachten die Kinder damals in den Zeltlagern, die an unterschiedlichen Orten stattfanden.
Zur Entstehung der Zeltlager-Ausstellung gibt eine kurze Erläuterung interessante Aufschlüsse.
Gerade in den Zeltlagern der 1950er wurde durch die Kapläne sehr viel fotografiert. Die entsprechenden Dia-Sammlungen wurden dann in den 1970er mit einem höchst „eigenwilligen Sortiersinn“ neu „sortiert“ und „geordnet“, wobei viele Dias verschwanden und die übriggebliebenen Dias unsortiert in Kästen gepackt wurden. Über verschiedene Zwischenstationen gelangten die Dia-Kästen schließlich ins Gemeindearchiv, wo eine erste Sichtung und Verzeichnung stattfanden. Hier wurde deutlich, dass in vielen beschrifteten Dia-Kästen nicht „dass drinnen war, was drauf stand“, dass neben (wenigen) beschrifteten Dias viele Dias unterschiedlicher Zeltlager und Freizeiten unbeschriftet kreuz und quer in den Kästen waren und dass weitere, hochinteressante Dias aus den 1930er und 1940er mit Gemeinde- und Pfarrgemeinde-Motiven in der Sammlung vorhanden waren.
2012 äußerten einige der Zeltlagerverantwortlichen Interesse an Bildern „ihrer“ Zeltlager. Nach Sichtung des dort vorhandenen „Dia-Chaos“ einigte man sich auf ein gemeinsames Vorgehen, um diesen „Bilderschatz zu heben“, sprich die Dias zu digitalisieren, Dias und Scans zu ordnen und möglichst inhaltlich (nach Jahren, Orten, Personen, Motiven, Ereignissen) zu erschließen.
Anfang 2013 begann diese Bearbeitung dieser rund 1.400 Dias umfassenden Dia-Sammlung.
Damit begann eine erste technische Herausforderung, denn die Qualität der übergebenen Dias war äußerst heterogen:
- bei einigen der i.d.R. in Glas eingefassten Dias war das Glas zerbrochen und mussten neu gerahmt werden,
- bei einigen hatten sich die eingelegten Dias verschoben und mussten neu gerichtet werden,
- bei etlichen Dias war unklar, welche Seite die richtige war („Das Bild ist seitenverkehrt“),
- die Farbqualität vieler Dias hatte gelitten, hinzu kamen Schlieren, Staub und sonstige Beeinträchtigungen.
In einem weiteren Schritt begann die Gruppe in einer Excel-Liste erste Angaben und Informationen (soweit durch Augenschein und persönlichem Wissen ersichtlich) zu den Dias schriftlich zu fixieren, wobei vor allem die zeitliche Zuordnung zu einer Herausforderung wurde. Parallel dazu musste erstmal eine sichere und zuverlässige Liste für die Zeit vor 1970 erstellt werden, wo und wann Zeltlager stattgefunden hatten.
Dias und Scans, die weder Zeltlager noch KjG-Freizeiten betrafen, wurden im nächsten Schritt herausgelöst und 2015 in den Niederbrechener Gesprächskreisen gezeigt und eine zeitliche und inhaltliche Zuordnung durchgeführt. 2016 wurden die alte Zeltlager-Dias in den Gesprächskreisen gezeigt und mit weiteren Informationen angereichert, so dass sich die Anzahl der nicht zuordenbaren Dias weiter verringerte. Mit weiteren Verantwortlichen oder Teilnehmern der frühen Zeltlager konnten weitere sichere zeitliche Zuordnungen gemacht werden – der Rest war dann detektivische „Handarbeit“: Wie sahen Lager-Küche, Lagerkreuz, Lagerfeuer, Zeltaufstellung oder Zeltplatz auf den Dias aus, die zeitlich vor 1969/70 eindeutig zugeordnet waren und wo waren Dias, die dazu passten?
Interessant war, dass dem Arbeitskreis Historisches Brechen innerhalb dieser mehrjährigen Bearbeitungszeit weitere alte Dias zu KjG- und Pfarrei-Aktivitäten aus der Gemeinde freundlicherweise zugeflossen sind, die dann mit „verarbeitet“ werden konnten. Insgesamt wurden bei dieser Aktion rund 1.700 Dias bearbeitet, wovon eine kleine Auswahl für die Ausstellung herangezogen wurde, ergänzt mit dem wenigen vorliegenden Schriftmaterialien (wenige Auszüge aus der Pfarrchronik, Presseartikel, schriftliche Erinnerungen, Auszüge aus Pfarrbriefen etc.). Während der Ausstellung selbst, konnten die Namen vieler der bisher nicht namentlich benannten Zeltlager-Teilnehmer ermittelt und schriftlich fixiert werden.
(Quelle: Pressemitteilung Arbeitskreis Historisches Brechen 12.11.2017)