Übergabe eines Landeszuschusses zur Phosphorelimination für die Kläranlage

Die Kläranlage in Niederbrechen ist seit mehr als 36 Jahren ohne wesentliche Umbautenoder Ergänzungen ununterbrochen in Betrieb. In dieser Zeit wurden annähernd 100 Mio.m³ Abwasser gereinigt. Jetzt steht die Anlage vor der größten Umbaumaßnahme seit ihrem Bau. Die Kapazität der Kläranlage Niederbrechen wird erweitert, die vorhandenen Betonbauwerkemüssen saniert werden, die maschinellen und elektrotechnischen Ausrüstungen werden im Zuge der Sanierung und Erweiterung ebenfalls erneuert. Selbstverständlich müssen Abwasserreinigung und Schlammbehandlung während der gesamten Bauphase aufrecht erhalten werden; die Reinigungsanforderungen gelten auch in der Zeit des Umbaus. Bisher beträgt die Bemessungsgröße 27.000 Einwohnerwerte, künftig wird die Anlage für rund 38.000 Einwohnerwerte ausgelegt.

Ein wesentliches Ziel des Umbaus ist auch die deutliche Verbesserung der Phosphorelimination. Um in Gewässern einen guten ökologischen Zustand zu erreichen(insbesondere bei biologischen Qualitätskomponenten), muss die Konzentration für Phosphor und Phosphate in den Gewässern deutlich vermindert werden. Dies muss entsprechend den Anforderungen des Landes Hessen (Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Hessen) insbesondere durch die Verbesserung der Phosphorelimination in Kläranlagen – auch in Niederbrechen – erfolgen.

Exkurs: Phosphor im Gewässer: Ein Großteil des in unsere kommunalen Kläranlagen eingetragenen Phosphors ist als natürlicher Bestandteil in Nahrungsmitteln enthalten, ein weiterer großer Anteil stammt aus Wasch-, Reinigungs- und Spülmitteln. Bei dem im Abwasser vorkommendem Phosphorhandelt es sich meistens um Phosphate (Salze der Phosphorsäure).Phosphor in Form von Phosphat ist ein wichtiger Nährstoff sowohl für Pflanzen als auch für Tiere und Menschen. Phosphate gelten grundsätzlich als ungiftig. In Gewässern kann ein erhöhter Phosphatgehalt aufgrund der wachstumsfördernden Wirkung auf Pflanzen zur sogenannten Eutrophierung führen. Das übermäßige Nährstoffangebot führt dabei zu einer Veränderung der im Gewässer wachsenden Pflanzengesellschaften. Es kann sich eine Verkrautung oder vermehrte Algenbildung einstellen. Derart gedüngte Algen und Wasserpflanzen können dann anderen Pflanzenarten das Licht wegnehmen sowie, wenn sie absterben, vielen Kleinlebewesen und Tieren den lebensnotwendigen Sauerstoff entziehen. Schlimmstenfalls kann das Gewässer "umkippen". Durch die neuen Vorgaben des Landes Hessen wird der Grenzwert, der zu jeder Tages- und Nachtzeit im Auslauf der Kläranlage eingehalten werden muss, von ehemals 2 mg/l P ges(Gesamtphosphat) auf 0,7 mg/l abgesenkt. Außerdem wird ein weiterer Parameter für einen Phosphorbestandteil (ortho-Phosphat) zusätzlich eingeführt. Mit den vorhandenen Anlagenteilen ist eine so weitgehende Phosphoreliminierung nicht möglich. Daher sind zur Erreichung der künftigen Ablaufqualität folgende Maßnahmen geplant:

  • Das bestehende Nachklärbecken soll durch zwei neue Nachklärbecken ersetzt werden;
  • Errichtung eines Fällmittellagers,
  • Errichtung einer Fällmitteldosierstation einschließlich Rohrleitungen,
  • Erneuerung der zugehörigen Elektro-, Mess-, Steuer-, Regeltechnik.

Für die Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen zur Phosphoreliminierung rechnet der Abwasserverband Goldener Grund mit Investitionskosten von rund 5,3 Mio. € (Stand: Sept.2018). Zur Unterstützung der Kläranlagenbetreiber hat das Land Hessen im Jahr 2017 ein Förderprogramm für Maßnahmen zur Phosphoreliminierung aufgelegt, nach dem alle zum Kläranlagenbetriebsverband Ems- und Wörsbachtal gehörenden Abwasserverbände Finanzierungshilfen beantragt haben. Nach intensiver Prüfung und eingehender Abwägung hat das Land Hessen dem Abwasserverband Goldener Grund nunmehr einen Zuschuss für die geplanten Maßnahmen zur Phosphorelimination auf der Kläranlage Niederbrechen in Höhe von 2,1 Mio. € zugesagt.

Den Fördermittelbescheid übergibt der Regierungspräsident Gießen, Herr Dr. Ullrich, im Rahmen der Sitzung der Verbandsversammlung des Abwasserverbands am 12.11.2019. Zusätzlich zur Phosphorelimination wird auf der Kläranlage in Niederbrechen eine neue Behandlungsstufe – die so genannte Faulung mit Gasverwertung – eingerichtet. Bei dieser Behandlungsstufe wird der anfallende Klärschlamm in einem separaten Behälterweitergehend stabilisiert (anaerobe Stabilisierung oder Faulung). Während dieser Stabilisierung wird Faulgas erzeugt, aus dem mittels Blockheizkraftwerk Strom und Wärme gewonnen werden. Geplant ist, dass durch diese Nutzung der regenerativen Energie des Faulgases rund 70 % des auf der Kläranlage benötigten Energiebedarfs gedeckt werden.Gegenüber dem heutigen Zustand werden somit rund 178 t CO2 pro Jahr durch die Umstellung auf Faulung reduziert – das entspricht einer CO2-Einsparung von 5.335 t in den nächsten 30 Betriebsjahren. Auch hierfür erhält der Abwasserverband Goldener Grund eine Förderung: Im Rahmen des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung zur „Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld“ hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit bereits eine Fördersumme in Höhe von 500.000,- € für die Umstellung auf Faulung zugesagt.

Einer der größten Energieverbraucher auf der Kläranlage ist die Belüftung der Bakterienmasse in den so genannten Belebungsbecken. In diesen Becken werden die gelösten Abwasserinhaltsstoffe durch spezielle Bakterien abgebaut – ein ganz wesentlicher Behandlungsschritt auf Kläranlagen. Bei der Belüftung in den neu geplanten Belebungsbecken wird eine Technik eingesetzt, die besonders energieeffizient arbeitet und somit vergleichsweise wenig Energie verbraucht. Außerdem werden weitere große Antriebe mit energiesparenden Motoren ausgerüstet, um insgesamt den Energieverbrauch der Kläranlage und damit auch Treibhausgasemissionen so gering wie möglich zu halten. Auch für diese Maßnahmen zum effizienten Energieeinsatz rechnet der Abwasserverband Goldener Grund mit einer Förderung in Höhe von 260.000,- € aus dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung (CO2-Einsparung ca. 108 t pro Jahr).Insgesamt wird ein großer Teil der Kläranlage neu gebaut; alle verbleibenden Anlagenteile werden saniert, umgebaut, oder abgerissen. Die neu zu bauenden Anlagenteile sind im folgenden Lageplan rot hinterlegt.

Der Abwasserverband Goldener Grund rechnet für den kompletten Umbau mit Gesamtkosten in Höhe von 25 Mio. €, die verteilt über vier Jahre Bauzeit benötigt werden. Los geht es im Frühjahr nächsten Jahres. Da die Abwasserreinigung einschließlich Schlammbehandlung auch während der Bauzeit uneingeschränkt aufrechterhalten werden muss, erfolgt der Umbau stufenweise nach und nach mit verschiedenen Provisorien. Für die Beschäftigten der Kläranlage bedeutet dies eine ganz erhebliche Mehrbelastung.

Daten zum Abwasserverband Goldener Grund:

Verbandsgründung: 18.04.1973

Kläranlage: Niederbrechen

Bemessungsgröße Kläranlage: künftig 38.000 Einwohnergleichwerte

Abwasserzufluss zur Kläranlage:3 Mio. m³ Abwasser pro Jahr

Länge Hauptkanäle:43 km

Anzahl Entlastungsanlagen:27

Angeschlossene Kommunen: Brechen, Hünfelden, Villmar mit dem Ortsteil Weyer, Selters mit dem Ortsteil Münster und Weilmünster mit dem Ortsteil Wolfenhausen

© Kläranlagenbetriebsverband Ems- und Wörsbachtal· Abwasserverband Goldener Grund / M. Fink

Autor: Peter Ehrlich, Veröffentlicht am 13. November 2019

Baubeginn an der Kläranlage Niederbrechen – 27 Millionen Euro – Rund vier Jahre Bauzeit

Sanierung, Neubau, Faulgasgewinnung – Die Ertüchtigung der Anlage hat begonnen

Niederbrechen/Goldener Grund. Fast 40 Jahre nach der Grundsteinlegung am 12.12.1980 steht die Kläranlage in Niederbrechen vor ihrer größten Umbaumaßnahme. Höhere Anforderungen an die Reinigungsleistung für den Parameter Phosphat, die Kapazitätserweiterung, Sanierung vorhandener Betonbauwerke sowie die Erneuerungen der maschinellen und elektrotechnischen Ausrüstungen stehen auf dem Plan – und all das unter Aufrechterhaltung der Abwasserreinigung und Schlammbehandlung - denn die Reinigungsanforderungen gelten auch während dieser Zeit. Jahrelange intensive Planungen mit verschiedenen nationalen und europaweiten Ausschreibungen sind bereits durchgeführt worden und weitere Ausschreibungen sind in der Vorbereitung.

Beim aktuellen Pressetermin mit Bürgermeistern der betroffenen Kommunen, dem Planungsbüro und weiteren Gemeindevertretern informierte Dipl.-Ing. Matthias Fink in seiner Funktion als Geschäftsführer des Kläranlagenbetriebsverbands Ems- und Wörsbachtal über den aktuellen Stand vor Ort. Coronabedingt verschob sich diese Vorstellung vom eigentlichen Baubeginn des ersten Bauabschnitts im Mai auf nunmehr September. Aber so konnten die Besucher schon die laufenden Arbeiten und ersten Umsetzungen in Augenschein nehmen. So gehört zum ersten Bauabschnitt die Sanierung des Zulaufpumpwerks, Sandfangs und Eindickers und deren Ausrüstung mit neuer Maschinentechnik. Die Rechenanlage und Schlammentwässerung werden vollständig neu gebaut und die zugehörigen Elektro- und Schaltanlagen ebenfalls komplett erneuert. Die Funktionalität wird während der bis Frühjahr 2021 geplanten Zeit durch aufwendige Provisorien aufrecht erhalten.

Ein oberirdisches Pumpwerk mit Umgehungsleitung ist errichtet und eine Einrichtung zum Grobstoffrückhalt mit provisorischer Stromversorgung sind hierzu in Betrieb gegangen und sicherlich die derzeit augenfälligsten Installationen im Klärwerk. Die Sanierung des Sandfangs, der Eindicker, des Pumpwerks und der Neubau der Schlammentwässerung wurden ebenso begonnen, nicht zuletzt, um zügig voranzukommen und den Betriebsablauf der Kläranlage möglichst gut einzubeziehen – der Betrieb ist überwacht und die schnelle Reaktion bei Störungen durch Rufbereitschaft sichergestellt. Für Bau-, Maschinen- und Elektrotechnik des ersten Bauabschnittes wurden Aufträge von insgesamt rund 5,7 Millionen Euro (einschl. 19% MwSt, ohne Baunebenkosten) vergeben.

Noch in 2020 werden die noch zu beauftragenden Arbeiten des zweiten Bauabschnittes beginnen. Hierbei wird dann die komplette biologische Reinigungsstufe mit Belebungsbecken und Nachklärbecken neu gebaut. Um ausreichend Platz für die neuen Bauwerke zu schaffen wird der Wirtschaftsweg entlang der Kläranlage weiter Richtung Osten verlegt und ein komplett neuer Verfahrensschritt errichtet. Mit der neuen Klärschlamm-Faulung wird der entstehende Klärschlamm so behandelt, dass Faulgas gewonnen wird.

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