Historischer Streifzug durch 125 Jahre Büchereiarbeit in Brechen - Informationsausstellung des Arbeitskreises Historisches Brechen

1898 - also vor 125 Jahren - wird in den Unterlagen des Borromäusvereins in Bonn erstmals eine „Borromäusbücherei“ für Niederbrechen erwähnt, 1929 für Werschau und 1938 für Oberbrechen. Aus den jeweils eher bescheidenen Anfängen entwickelten sich bis heute moderne und auf der Höhe der Zeit stehende Büchereien, die den jeweiligen Anforderungen mit breit gefächerten Medien- und Veranstaltungsangeboten gerecht werden und in der Gemeinde rege genutzt werden.

Für den Arbeitskreis Historisches Brechen war das Jubiläum der Bücherei in Niederbrechen Anlass, die Geschichte der Büchereien in allen drei Ortsteilen näher zu beleuchten und aus den gewonnenen Erkenntnissen und mit den zusammengestellten Ereignissen und Fotos eine interessante und aufschlussreiche Informationsausstellung "125 Jahre Büchereiarbeit in Brechen" zu erstellen. Darüber hinaus werden die damit verbundenen Ereignissen in die OnlineChronikBrechen (https://www.chronik-brechen.de/) einfließen.

Die Informationsausstellung ist sowohl während der diesjährigen Weihnachts-Buchausstellung und der Jubiläumsfeier der Bücherei Niederbrechen am Sonntag, dem 12. November 2023 von 9:30 Uhr bis 17:00 Uhr im Pfarrer-Herlth-Haus wie auch an den beiden Tagen der Hobbyausstellung am Samstag, dem 18. November 2023 (13:00 bis 17:00 Uhr) und Sonntag, dem 19. November 2023 (11:00 Uhr bis 17:00 Uhr) in der Emstalhalle in Oberbrechen zu sehen. An allen Ausstellungstagen besteht die Möglichkeit, die vom Gemeindearchiv Brechen herausgegebenen Publikationen zu erwerben, u.a. auch das neue Heft der Schriftenreihe Gemeindearchiv Brechen „25 Jahre Seniorenzentrum Brechen“.

Die Anfänge

Die Informationsausstellung greift in einem jeweils ersten Teil bemerkenswerte Ereignisse der drei Büchereien auf, wobei der Schwerpunkt auf den letzten 45 Jahren liegt, da in den ersten Jahrzehnten nur wenige schriftliche Unterlagen vorliegen. Ausnahme bilden die statistischen Jahresberichte, die an den Borromäusverein zu richten waren und für diese Anfangszeit interessante büchereistatistische Kennzahlen zu Bestand, Buchausleihe und Leserzahl liefen.

So verfügte die Borromäusbücherei Niederbrechen, im alten Pfarrhaus untergebracht, 1910 über 285 Bücher, die 500mal ausgeliehen wurden, 1920 waren es bereits 674 Bücher, die 2.716mal (!) ausgeliehen wurden. Die hohe Leserzahl und das Ausleihvolumen der Bücherei lassen eine Ausleihe im Pfarrhaus nicht mehr zu, so dass die Bücherei 1937/38 einen neuen Platz im Schwesternhaus (dem heutigen Rathaus) findet, wobei der Raum gleichzeitig von mehreren kirchlichen Gruppen genutzt wird.

Die 1929 in Werschau im Pfarrhaus eingerichtete Bücherei weist in ihrem Jahresbericht 1930 20 aktive Leser/innen, einen Bestand von 66 Bücher (zumeist Romane) und ca. 200 Entleihungen aus; die Ausleihe findet sonntags statt. Die 1930 in Oberbrechen eingerichtete "Pfarr-Borromäus-Bibliothek", deren finanzielle Mittel durch Kollekten erbracht werden, ist im "Sälchen der Kirche" untergebracht und verfügt über einen (Anfangs)Bestand von 236 Büchern.

Die Nazi-Zeit

Während der Nazi-Zeit dürfen gemäß Verfügung der Geheimen Staatspolizei die kirchlichen Borromäusbibliotheken „nur noch Bücher mit katholisch-religiösen oder erbaulichen, katholisch-kulturellen oder katholisch-charitativen Inhalts“ besitzen - alle anderen Bücher waren abzuliefern. In Niederbrechen bringen daraufhin Mitglieder der Jugendgemeinschaft unter Regie von Kaplan Josef Erbach in einer "Nacht- und Nebelaktion" 1941 die besterhaltenen Bücher des Buchbestandes in Sicherheit und entziehen sie somit einer drohenden Beschlagnahmung. Eine Überprüfung der Oberbrechener Borromäusbibliothek durch die Gestapo führte zu keinerlei Beanstandungen wie die Oberbrechener Pfarrchronik zu berichten weiß. Auch in der Werschauer Pfarrchronik ist 1942 festgehalten, dass "über die Hälfte der Pfarrbibliothek vorschriftsmäßig abgeliefert worden war" und nunmehr "auch der Rest durch die geheime Staatspolizei unter Siegel gelegt" worden ist - die beschlagnahmten Bücher der Werschauer Pfarrbücherei können übrigens Ende 1945 wieder zurückgeholt werden.

Nachkriegszeit und vielfältige Herausforderungen und Anstrengungen bis heute

Ausführlich schildert die Ausstellung die Anstrengungen der jeweils verantwortlichen Pfarrer und Büchereileiter*innen, mit geringen finanziellen Mitteln in der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahren hinein einen adäquaten Buchbestand aufzubauen und zu erhalten und für Buch, Bücherei und Lesen zu werben. Immer wieder spielt dabei auch die unbefriedigende Raumfrage eine Rolle.

Der Entwicklung der Büchereien von reinen „Buchausleihe-Stellen“ hin zu modernen Medien- und Kommunikationszentren mit einem breit gefächerten Medienangebot (bis hin zur Onleihe) bzw. hin zu Treffpunkten und Veranstaltungsorten innerhalb der Gemeinde mit einem umfangreichen Veranstaltungskalender für Jung und Alt wird mit verschiedenen Beispielen aufgezeigt. Ein eigener Ausstellungsteil ruft gerade das vielfältige Veranstaltungsspektrum der jeweiligen Büchereien in Erinnerung und unterstreicht dabei eindrucksvoll die Bedeutung der damit einhergehenden Anstrengungen einer zielgerichteten Leseförderung für Kinder.

Breiten Raum nimmt z.B. auch die Zusammenarbeit der drei Büchereien ab den 1980er Jahren ein, so die Teilnahme an den „Hessischen Bibliothekswochen“ (1985-1991) und die Durchführung des „Brecher Bücherfrühlings“ (1992-2006 - insgesamt siebenmal) oder der „Brecher Buchwochen“ (2012 und 2014) mit einer Vielzahl von gemeinsamen und örtlichen Veranstaltungen.

Der historische Streifzug durch 125 Jahre Büchereigeschichte macht einmal mehr deutlich, wie viel Zeit, Arbeit und Engagement die jeweiligen Büchereiteams mit ihren Büchereileiter*innen in diesen Jahrzehnten geleistet haben und leisten. Immer wieder galt es (und gilt es), den unterschiedlichsten Herausforderungen der jeweiligen Zeit - Mittelbeschaffung, Raumfrage, Leserwerbung, Bestandsaufbau, Medienwandel, nationalsozialistische Eingriffe der 1930er Jahre, technischer Wandel mit EDV-Einsatz, Coronapandemie usw. - gerecht zu werden, für „Buch, Bücherei und Lesen“ zu werben und für die Leser*innen jeden Alters in den Ortsteilen passende Medien- und Veranstaltungsangebote bereitzustellen.

(Quelle: Arbeitskreis Historisches Brechen - Pressemitteilung vom 05.11.2023)

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