Kramm, Maximin Adam

Ernennung von Maximin Adam Kramm (Niederbrechen, Frankfurter Straße 72) zum ersten Gemeindeältesten der Gemeinde Niederbrechen

 

Die Gemeindevertretung Niederbrechen hat in einer eigens dafür anberaumten Sitzung am 26.05.1964 Maximin Adam Kramm, Frankfurter Straße 72, ob seiner besonderen Verdienste in der Öffentlichkeit, zum Gemeindeältesten von Niederbrechen ernannt.

Der Vorsitzende der Gemeindevertretung Herr Robert Willems, begründete die Ernennung wie folgt:

„Unser Parlamentsmitglied und Alterspräsident - Herr Adam Kramm - begeht morgen seinen 75. Geburtstage Diesen Tag wollen wir nicht vorübergehen lassen. ohne ihn auf Grund seiner langen ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeindevertreter zu ehren.

Im Jahre 1922 wurde Herr Kramm erstmals als junger tatkräftiger Bürger in die Gemeindevertretung gewählt. Dann gehörte er dem Parlament von 1939 bis 1935 an. Nach dem Zusammenbruch stellte er sich als Kommunalpolitiker wieder zur Verfügung. Im Jahre 1952 wurde er erneut getragen von dem Vertrauen seiner Wähler in das Parlament gewählt. Während seiner ehrenamtlichen Tätigkeit, die mit-manchem Opfer und Verzicht verbunden war, hat er stets seine ganze Kraft zum Wohle der Gemeinde und seiner Bürger eingesetzt. Hierbei zeichnete ihn besonders seine Lauterkeit und sein Rechtsempfinden aus. Die Bewährung in der Gemeindepolitik wird sich immer darin zeigen, daß die verantwortlichen Kommunalpolitiker den so notwendigen Ausgleich der berechtigten Einzel- und Gruppeninteressen nach den Erfordernissen des allgemeinen Wohls erreichen.

Dazu bedarf es Gemeindevertreter der maßvollen, aber festen Autorität. Herr Kramm hat sich immer vorbildlich für die Belange seiner Heimatgemeinde eingesetzt und war immer Willens, das Beste für die Gemeinde und seine Bürger zu erreichen. Seine ganze Arbeit im Parlament war getragen von dem Grundsatz Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Ich glaube sagen zu dürfen, daß sich Herr Kramm während seiner 20-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit um die Gemeinde verdient gemacht hat.

Ich schlage daher vor, Herrn Adam Kramm, die Ehrenbezeichnung Gemeindeältester zu verleihen, da er über 20 Jahre als Gemeindevertreter ohne Tadel tätig war."

 

Sodann hat die Gemeindevertretung den anfangs erwähnten Beschluß gefaßt. Vor Überreichung der Urkunde war es mir [Bürgermeister Heinrich Runte] gestattet, folgende Worte an Herrn Kramm zu richten:

”Je mehr die Zahl unserer Jahre wächst, umso lieber schauen wir zurück in die Vergangenheit, ja bis in die Kindheit.

Und voller Erstaunen stellen wir fest, unverlöschbare Eindrücke, unbewußt aufgenommenes Wissen stammt von dort her.

Als Sie, Herr Kramm, vor 75 Jahren in Ihrem Heimatdorf das Licht der Welt erblickten, hat Ihnen an der Wiege sicher niemand gesungen., daß Sie, 75-jährig, auf eine so lange Zeit parlamentarischen Wirkens zurückblicken könnten.

Ihr Weg bis zu einem angesehenen Geschäftsunternehmer, dessen Name heute weit über unsere Grenzen bekannt ist, war in Rosen nicht gebettet.

Aber dort holten Sie sich den Überblick, das klare Denken, die Bewährung.

Und eines Tages, noch jung an Jahren, standen Sie im Gemeindeparlament.

Sie waren nicht dorthin gekommen, weil Sie sich mit Geschicklichkeit dieser oder jener Gruppe anpaßten, sondern weil Sie einfach da waren, um der Pflicht zu genügen.

Und in all den Parlamentsjahren waren Sie bemüht, daß die Arbeit in der Legislative ordentlich voran ging und Ihre Stellung gegenüber der Exekutive gewahrt blieb.

Auch haben Sie im großen erzieherischen Sinne gedacht und versuchten die Allgemeinheit mit den Fragen des Parlaments vertraut zu machen, so wie Sie anstrebten den Belangen der Öffentlichkeit im Parlament die richtige Resonanz zu verschaffen.

Sie waren-immer ein eifriger, nicht ein eifernder Gemeindevertreter.

Sie waren starkmütig und respekteinflößend.

Es ist der Respekt vor den echten Werten, wo die Gegengabe der Achtung – und das möchte ich meinerseits besonders betonen - gewährt bleibt, auch wenn Sie nicht immer, von mir ausgesehen, ein bequemer Gemeindevertreter waren.

Sie sind bis heute eine tätige Natur geblieben. Der Sessel oder gar der Lehnstuhl, der Ihnen ob Ihres Alters vergönnt ist, wird nicht benutzt. Dagegen sind Sie täglich wachen Geistes nicht nur in Ihrem Betrieb tätig, sondern sind auch heute noch mitbestimmend bei allen kommunalen Angelegenheiten trotz Überlastung durch private und andere Erfordernisse.

Aus dem Mancherlei Ihres Lebensschicksals könnten Sie sicher eine Geschichte schreiben.

Sie kommen aus dem vorigen Jahrhundert, wuchsen unter der sogenannten preußischen Feudalherrschaft heran, erlebten Inflationen, das System des Dritten Reiches und den ersten und zweiten Weltkrieg.

Stellten 1945 bewundernd fest, daß der demokratische Gedanke nicht verlorengegangen ist, und waren zur Mitarbeit in der Öffentlichkeit bereit.

Die Ihnen gestellten Aufgaben meisterten Sie durch Fleiß und Erfahrung gewonnene Reife des Lebens.

Als realistisch denkender Mensch hängen Sie trotzdem mit besonderer Liebe - ich möchte sagen mit der Liebe eines großen Herzens - an Ihrem Heimatdorf, an Niederbrechen.

Ihre Sorge, Ihre Arbeit und Hingabe galt immer wieder der Belebung des dörflichen Geschehens, der Fundamentierung des geschäftlichen und handwerklichen Lebens, und mit großer Verantwortung und Redlichkeit waren Sie all den öffentlichen Dingen frei und kräftig zugewandt.

Ihr Urteil war von Einsicht und Umsicht beherrscht.

Dieses alles bedenkend und richtig wertend hat die Gemeindevertretung einstimmig beschlossen Sie, so wie es die Hauptsatzung vorsieht, zum Gemeindeältesten zu ernennen.

Zum ersten Male wird hiermit eine solche Auszeichnung in unserem Dorf ausgesprochen.

Sie trifft einen Bürger, der dieser Auszeichnung - auch unter Anlegung strengster Maßstäbe - in besonderem Grade wert ist. Es soll aber auch hiermit dokumentiert werden, daß die Gemeinde - wenn Sie auch keine materiellen Werte verleihen kann - Bürgern, die in so vielen Jahren ihre Kraft uneigennützig zur Verfügung stellten, zu ehren in besonderer Weise gewillt ist

Der jungen Generation dagegen soll der Gemeindeälteste Herr Maximin Adam Kramm Vorbild und Ansporn sein.“

Quelle: Mitteilungsblatt der Gemeinde Niederbrechen Nr. 1964/12 (26.05.1964)

 

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