Der Wald von Werschau

Die Gemeinden Werschau, Neesbach und Nauheim hatten auf der Höhe beiderseits der Wasserscheide zwischen Wörsbach und Aar in den Gemarkungen Heringen und Kirberg bis hin in den Raum um Panrod Anteile an einem alten ursprünglich gemeinsamen Markwald. Er wurde wohl bereits unter den Gemeinden aufgeteilt, als in jenem Waldgebiet vom Altsiedelland aus Land für eine Ausbausiedlung, das Dorf Panrod, gerodet wurde. Zu diesen Wäldern führte durch die Gemarkungen Nauheim (1339) und Neesbach (1517 und 1399) der Holzweg aus dem Feld bei der Kirche der Gemarkung Bergen. Den Anteil von Bergen hatte damals wohl bereits Werschau übernommen. Die Wälder waren einzelne, nicht zusammenhängende Waldstücke. Werschau und Neesbach hatten 1478 Wälder im "Rodelßwalde" bei Panrod. Die Gemeinden sprachen im Weistum des Märkerdings 1478 als oberste Märker dieses Waldes die Grafen von Katzenelnbogen an, die ebenso in den Wäldern links der Aar von der Fuchsenhöhle bis nach Laufenselden hin oberste Märker, Schutzherren des Waldes, waren. Mit Burgschwalbach kam die Hoheit über den Wald an Nassau-Weilburg. In den jüngeren Weistümern für den "Rodolffer Wald" (1566) und den "Rudolffswald" (1578) sprechen die Gemeinden den Grafen von Nassau-Weilburg als obersten Märker, Erb- und Grundherr des Waldes an. Der Wald sollte 1566, ebenso wie ein Kirchhof, ein Asylrecht, selbst für Totschläger, haben.

Dieses Asylrecht spricht dafür, dass die möglicherweise bereits spätkarolingische kleine Burg in diesem Wald, 2 km nördlich von Panrod, Besitz einer edelfreien Familie war. Leider fehlen für diese Burg ältere Nachrichten. Die Namen "Rudolphsburg" (1828) und Rudolfsschloß sind sicher vom Rudolfswald abgeleitete Neubildungen neben dem nur mündlich überlieferten, farblosen Namen "Altschloß". Eine frei erfundene Sage wollte diesen Waldbesitz der Gemeinde Werschau von der Schenkung eines Grafen oder einer Gräfin herleiten.

Der Wald war zwar mit Fuhrwerken nur in etwa zweieinhalb Stunden zu erreichen, er lieferte jedoch der Gemeinde durch Jahrhunderte den Bedarf an Brenn- und Bauholz. Der etwa 57 ha große Wald wurde vor einigen Jahrzehnten der Gemarkung Panrod zugeteilt, blieb aber Besitz der Gemeinde Werschau.

Die Gemeinde Werschau hatte noch einen zweiten, kleineren Wald. der 1384 zuerst "Werser Hecke" beim Oberfeld von Heringen genannt wird. Es war ein Niederwald, der zeitweise auch landwirtschaftlich genutzt wurde. Von 6 Morgen Acker am "Werser Remberg" in der Gemarkung Kirberg hatte die Gemeinde Werschau 1606 den Zehnten. Nach längeren Verhandlungen verkaufte die Gemeinde Werschau dieses, etwa 26 bis 28 Morgen große Werschauer Römbergwäldchen 1750 für 800 Gulden der Gemeinde Neesbach. Diese musste den Wald jedoch Nassau-Oranien und Nassau-Usingen, den Landesherren der Gemeinschaft Kirberg, überlassen, die ihr Vorkaufsrecht in Anspruch nahmen.

Quelle: Hellmuth Gensicke: Aus der Geschichte von Werschau (1985)

Neuer Schutz- und Erholungswald

Mit zunehmendem Verkehr auf der durch das Gemeindegebiet verlaufenden Autobahn entstand der Wunsch, die daraus resultierenden Belastungen für die Einwohner durch einen Schutzwald an der Autobahn zu mindern.

Auf Grund der Beschlüsse der Gemeindevertretung hat der Bürgermeister am 20.03.1969 erstmals die Pläne für einen Grüngürtel den Herren des Landeskulturamtes Wiesbaden und Kulturamtes Limburg vorgelegt.
Das Vorhaben fand ungeteilte Zustimmung. Dank der Einsicht der Alteigentümer, welche das Land abgetreten, getauscht oder verkauft haben, hat die Gemeinde nun die Voraussetzungen geschaffen, zum Wohle ihrer Bürger einen Schutz- und Erholungswald entlang der Autobahn anzulegen. Der Wald dient als Geräusch-schutz besonders für die Anwohner der Graben-, Heide- und Taunusstraße. Gleichzeitig stellt er ein Filter für die giftigen Abgase dar. Als Naturpark mit nahe-zu 3 km Wanderwegen steht er den Spaziergängern zur Verfügung.
Da die Erntearbeiten in diesem Gebiet früh abgeschlossen werden konnten, wird in den nächsten Tagen mit dem Bau der Wanderwege begonnen.
Die eigentliche Aufforstung läuft Mitte Oktober an. Für die Aufforstungsarbeiten werden Männer, Frauen und ältere Schulkinder gegen Entgelt eingesetzt. Ein Kerntrupp von Fachleuten wird vom Forstamt abgestellt. Bereits seit Ende Juli dieses Jahres haben Werschauer Bürger im Alter von 12 bis 70 Jahren an den freien Samstagen Pflanzlöcher hergestellt und über 500 m Verbindungswege geschaffen. Im freiwilligen Einsatz waren manchmal 16 oder 18 Mann gleichzeitig bei diesen Vorarbeiten tätig. Auch die Leute aus den Gemeindegremien beteiligen sich rege bei dieser Gemeinschaftsaufgabe. So ist das Vorhaben längst zu einem Anliegen der ganzen Werschauer Bevölkerung geworden.
Quelle: Sonderausgabe Werschauer Kurier. Amtliche Mitteilungen des Bürgermeisters Beck, vom 15.09.1971.

Am 08.10.1971 ist der Tag der Einpflanzung des ersten Baumes für den neuen Werschauer Schutz- und Erholungswald.

 

Der Tag der Einpflanzung des ersten Baumes für den neuen Werschauer Schutz- und Erholungswald am 8. Oktober 1971 fand weithin ein großes Echo. Herr Landforstmeister Raff auf Lipp überbrachte die Grüße des Hessischen Regierungs-präsidenten. Präsident Roth, der Leiter des Hessischen Amtes für Landeskultur in Wiesbaden, will sich für weitere Mittel für die Gemeinde Werschau einsetzen. 1. Kreisbeigeordneter Blättel als Vertreter des Landrates versprach die Finanzierung von Ruhebanken im kommenden Frühjahr. Die Forstbehörde wird zusammen mit der Gemeinde bemüht sein, die Anpflanzung der jungen Bäume zügig durchzuführen. Zurzeit wird zum zweiten Mal eine Mäusebekämpfungsaktion im Aufforstungsgelände gestartet. Dann muss noch etwas mehr Regen abgewartet werden, ehe die Aufforstung beginnen kann. Ein Wegenetz von insgesamt über 5000 Meter Länge konnte fertiggestellt werden. Auch die Schilder mit den Wege-namen stehen schon. Ein Sonntagsspaziergang lohnt sich bereits. Die Gemeinde Werschau konnte inzwischen 10.077 DM Zuschüsse für die Aufforstung locker machen. - An dieser Stelle sei nochmals allen den vielen freiwilligen Helfern und Schülern, auch zahlreichen Gemeindevertretern, öffentlich gedankt, die an manchen Samstagen oder Freitagabenden in ehrenamtlicher Tätigkeit im Aufforstungsgelände so Vorbildliches zum Wohle Werschaus geleistet haben. Viele andere wollten noch helfen, waren aber wegen dringender häuslicher Arbeiten verhindert. Diese haben Gelegenheit, im kommenden Frühjahr, etwa beim Setzen der Ruhebänke u. ä. mitzuwirken.
Quelle: Werschauer Kurier vom Oktober 1971

 

Aufforstung des ehemaligen „Sollgrabens“
Die Aufforstung erfolgt durch Mitglieder des „Allgemeinen Umweltschutzverbandes e.V.“ am 03.11.1984 im Vorfeld von der 750-Jahrfeier von Werschau.

Erstes Jubiläumsgeschenk an Werschau. Allgemeiner Umweltschutzverband pflanzte 4.550(!) Bäume. Lob durch Bürgermeister Königstein

Die 750-Jahr-Feier Werschaus im kommenden Jahr nahm der Allgemeine Umweltschutzverband e. V. zum Anlass zu einem Geschenk besonderer Art an die Bevölkerung. Sozusagen als Erstlingsgabe erhielt das Dorf einen er-weiterten grünen Rahmen.

Zahlreiche Helfer waren dem Aufruf des Umweltschutzverbandes gefolgt und opferten Freizeit und Kraft, um in einer beispiellosen Aktion den Gemarkungsteil „Sollgraben“ aufzuforsten. Dabei wurde das ursprüngliche gesteckte Ziel von 750 anzupflanzenden Bäumen weit übertroffen. An manchen Stellen war der Boden hart und steinig, und manche Hacke brach bei der Wucht des Aufschlags. Einige Frauen holten sich Blasen an die Finger, da sie fast pausenlos die Wurzeln der Pflanzen zurückschnitten, ehe diese in die Erde kamen. Kinder und Jugendliche – am Tag manche Kilometer zurücklegend – trugen in Eimern die Setzlinge zu den einzelnen Pflanztrupps in der Schonung. Andere Mitglieder waren für die Verpflegung zuständig und reichten heißen Kaffee und Frühstücksbrötchen sowie verschieden Getränke. Am Nachmittag gab es eine Eintopfsuppe mit reichlichen Einlagen, die man auf den im freien Aufgestellten Bänken einnahm.

Kühl wurde es an diesem Tage niemand; die schweißtreibende Arbeit oder auch ein kleines Schnäpschen sorgten für innere Wärme.

43 Mitglieder des Verbandes aus Bad Camberg, Hünfelden, Brechen sowie einige freiwillige Helfer aus den Ortsteilen Werschau und Niederbrechen – darunter die Gemeindevertreter Hans Dieter Schorn und Josef Jeck sowie den Vors. des Verschönerungsvereins Josef Kremer – konnte der Verbandsvorsitzende Gerhard Beck am Einsatzort begrüßen. Auch Bürgermeister Königstein, der sich lobend über die Einsatzfreude aussprach, sowie der ehemalige Bürgermeister Josef Kramm besichtigten die Arbeiten im Aufforstungsgelände.

Während der Umweltschutzverband für die Arbeitsleistung und die Sachkosten (wie Verpflegung usw.) aufkam, wurden die Pflanzen (Bergahorn, Wild-kirsche, Douglasien) durch die Gemeinde Brechen finanziert. Forstamtsrat Thomas und Forstoberinspektor Ernst, welche die Planung und Arbeit begleiteten, lassen zur Abrundung des künftigen Mischwaldes in den nächsten Tagen nochmals über 1.500 Bäume nachpflanzen.

Quelle: Inform Brechen, 15.11.1984

Der Allgemeine Umweltschutz pflanzt auf einer 0,7 Hektar großen Windwurffläche 2.000 neue Bäume.

Aufforstung des früheren Dreschplatzes
Die Aufforstung des früheren Dreschplatzes durch Mitglieder des „Allgemeinen Umweltschutzverbandes e.V.“ erfolgt 1989.

Bau der ICE Strecke Frankfurt – Köln
Für den Neubau der ICE Strecke durch das Gebiet der Gemeinde Brechen 1996 – 2002 wird auch Fläche vom Werschauer Schutzwald sowohl für die Bahntrasse als auch für den Lärmschutzwall entlang der Autobahn A3 in Anspruch genommen. Eine Ausgleichsmaßnahme wird 2006 - 2007 durchgeführt

Ersatzaufforstungen am Weingartenberg in 2006 – 2007
Diese Ausgleichsmaßnahme für die ICE-Trasse führt den Gedanken des Werschauer Schutz- und Erholungswaldes konsequent weiter. Oberhalb der ICE-Trasse wird auf 14,5 ha ein Laubmischwald angepflanzt. Mit dem Anlegen von Reptilienhabitaten und Greifvogelstangen wird besonderes Augenmerk auf die Ansiedlung einer vielfältigen Tierwelt gelegt. In Richtung Oberbrechen wird außerdem ein Streuobststreifen mit alten einheimischen Apfelbaumsorten angelegt.
Diese Maßnahmen werden von der Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem “Hessenforst” durchgeführt und sind einer der zentralen Ansätze im Landschaftsplan der Gemeinde Brechen.

Planungen und Ausführungen gingen Hand in Hand mit der Gemeinde Brechen und den Forstämtern Weilmünster und Hadamar (bis 2005). Auch über die Forstreform hinweg konnte so die Kontinuität der forstlichen Betreuung und Dienstleistung durch den Landesbetrieb Hessen-Forst gewährleistet werden.
Ziel der Aufforstung ist die Entstehung eines naturnahen, standortgerechten Laubmischwaldes mit artenreichen Waldrandflächen.
Auf 14,5 ha Fläche werden 46.000 Traubeneichen, 7.000 Hainbuchen und 5.100 Bäume und Sträucher der bei uns typischen Waldrandflora gepflanzt.
Das Investitionsvolumen beträgt rund 120.000€.
Vorausgegangen ist der Pflanzung eine intensive Prüfung der örtlichen Bo-den- und Klimaverhältnisse um eine zukunftsorientierte Baumartenwahl, auch vor dem Hintergrund der möglicher Klimaerwärmung, zu treffen.
Aufforstungen dieser Größenordnungen sind in unserer Region selten, allerdings konnte Revierförster Andreas Wennemann bei der Planung auf Erfahrungen einer ähnlich großen Ersatzaufforstung in der Gemarkung Dauborn aus dem Jahre 2000 und den großen Wiederaufforstungen nach den Stürmen Vivian und Wiebke 1990 zurückgreifen.
Da derartig umfangreiche Projekte allein mit eigenen Waldarbeitern wirtschaftlich nicht sinnvoll realisierbar sind, erfolgte im Sommer 2006 eine überregionale Ausschreibung des Pflanzenankaufes und der Kulturarbeiten durch das Forstamt Weilmünster.
Diese Dienstleistung für die Gemeinde Brechen wurde von einem Funktionsbeamten des Forstamtes, Herrn Michael Pech erbracht, der auch die Verantwortung für die aktuellen Pflanzarbeiten auf den ehemaligen Ackerflächen trägt.
Diese Ausschreibung erbrachte ein für die Gemeinde Brechen vorteilhaftes Angebot der Baumschule Peine & Peine. Die Baumschule ist gegenwärtig mit einer Pflanzmaschine vor Ort im Einsatz und setzt täglich bis zu 6.000 Pflanzen.
Die Flächen sind seit zwei Monaten mit Wildschutzzäunen gesichert. Diese sind Bestandteil eines integrierten Konzeptes für den Waldschutz. Die Kulturen sind in den kommenden 5 bis 10 Jahren erheblichen Gefahren ausgesetzt. Der Frühjahrstrockenheit wird beispielsweise durch die Pflanzung im Spätherbst begegnet, welche den Jungpflanzen einen besseren Start in den kritischen ersten Sommer ermöglicht. Der Zaun schütz vor dem Verbiss der Jungpflanzen durch Rehwild und Hasen, insbesondere die Traubeneiche ist hier gefährdet.
Förster Wennemann wies zudem auf die großen Schäden hin, welche Erd- und Schermäuse in den Kulturen verursachen könnten. Deren Überwachung erfordert dementsprechend eine häufige Überprüfung der Kulturflächen durch den Forstmann.
Tatkräftige „Unterstützung" bei der Regulierung der Nager erhofft er sich durch Greifvögel wie beispielsweise den Mäusebussard oder die Schleiereule. Für die fliegenden Mäusejäger wurden „Julen", das sind ca. 5 m hohe Ansitzwarten aus Holzstangen, aufgestellt.
Am Boden wird den Forstleuten unter anderem der Fuchs zur Hilfe kommen. Röhren mit ca. 20 cm Durchmesser erlauben dem eifrigen Mäusejäger den Zugang zu den Flächen unter dem Zaun hindurch.
Der Zeithorizont des neuen Waldes am Weingartenberg geht über diese Jugendphase weit hinaus. Die Gemeinde Brechen hat mit Übernahme der Flächen von der Bahn AG die Verpflichtung übernommen, in 30 Jahren einen artenreichen Laubmischwald aufzubauen und zu pflegen. Doch auch diese 30 Jahre stellen im Leben einer Traubeneiche, welche bis zu 1000 Jahre alt werden kann, nur einen kleinen Ausschnitt dar.
Bürgermeister Schlenz und die Förster sind sich sicher, dass für die Bürger der Gemeinde Brechen - zentral zwischen den Ortschaften Werschau, Niederbrechen und Oberbrechen – ein neuer Wald entsteht, welcher sich gut in das bisherige Waldeigentum der Gemeinde einfügen wird.
Der neue Laubmischwald in der Nähe des Sportplatzes wird alle wichtigen Schutz- und Erholungsfunktionen zum Wohle der Bürger erfüllen.

Quelle: Pressemitteilung Hessen-Forst, 06.10.2006

 

zurück