Werschau und seine Geschichte

Als im Jahrhundert nach Christi die Römer den Limes erbauten, bleiben im Vorfeld desselben die vorhandenen Siedlungen bestehen. Sie überdauerten auch die Völkerwanderung. Aus dieser Zeit gibt es Funde, die, wie einige z.B. in Dauborn auch alemannische Einflüsse zeigen, in der Hauptsache jedoch der fränkischen Zeit zugerechnet werden. Bei Dauborn, Niederbrechen, Lindenholzhausen, Erbach und Niederselters hat man ebenfalls Funde aus der Frankenzeit gemacht, ja, an einzelnen Stellen, wie in Niederbrechen einen ganzen Frankenfriedhof ausgegraben.

Für diese erste Besiedlung in jeder Zeit, also in den Jahren zwischen 400 und 700 n. Chr., geben die Ortsnamen mit der Endung ...heim, wie Nauheim, Bechtheim und Bubenheim ebenfalls einen Hinweis.

In der spätfränkischen, merowingischen Zeit durchzog bereits eine Heerstraße unser Heimatgebiet. Sie führte von der Mosel über Montabaur und Limburg nach Thüringen. Sie spielte in den Thüringerkriegen der Merowinger eine wichtige Rolle. Es wird angenommen, daß in der Karolingerzeit, die auf die Merowinger Zeit folgte, auf der Bergnase, die die Bergerkirche trägt, eine Straßensicherungsanlage in Form einer Turmburg errichtet wurde die den Übergang der Wiesbaden – Kölner Straße über den Ems- und Wörsbach unweit der Bergerkirche sichern sollte. Dieser befestigte Platz - Bergen heißt ja geborgen so viel wie Burg - gehörte zu dem Königshof Brachina = Brechen. Dieser Königshof gehörte zum Niederlahngau, der seine Gericht- und Richtstätte am Reckenforst bei Dietkirchen hatte. Der Königshof Brechen umfasste ein weites, in seinen Grenzen nicht genau festliegendes Gebiet mit all seinen Ansiedlungen zwischen Lindenholzhausen, Villmar über Bergen, Niederbrechen, Selters und Bermbach. Teile dieses Gebietes schenkte 772 eine edle Rachildis dem Kloster Lorch an der Bergstraße. Diesen Teil schenkte 893 ein König Arnulf der Abtei St. Maximin in Trier. Ein weiteres Teilstück des gleichen Königshofes schenkte im Jahre 910 Ludwig das Kind dem Grafen Konrad Kurzbold zur Ausstattung seiner Kirche, die er auf dem Felsen bei Limburg erbaut hatte. Bei den Gütern, die in der Schenkungsurkunde aufgezählt werden, ist neben den Äckern, den Wiesen usw. auch eine Kirche genannt. Das ist mit Sicherheit die Bergerkirche gewesen, denn die Kirche in Niederbrechen gehört seit 893 dem Kloster St. Maximin in Trier und die zu Villmar und Oberbrechen, letzterer wurde von Villmar aus versehen, war Filialkirche dem Kloster St. Eucharius - St. Matthias in Trier weiter zuerkannt (1053).

Wie gesagt, der Begriff Königshof Brachina war in jeder Zeit hinsichtlich seiner Ausdehnung nicht fixiert, erst durch diese Schenkung weiß man, welche Teile desselben durch diese wem übereignet wurden.

Zur Schenkung an Konrad Kurzbold gehörte auch die Siedlung Werse. So wurde Werschau 1235 als Ort erstmals in einer Urkunde genannt. Zweifellos ist Werse als Siedlung viel älter. Aber es bestand vorher kein Anlass, die einzelnen Wohnplätze, die zu dem Königshof Brechen gehörten, zu nennen. Der Bach, an welchem Werschau liegt, wird schon rund 450 Jahre früher in einer Urkunde als Grenze eines Waldgebietes genannt. Er heißt dort Werisacha, d.h. linker Bach, wohl weil er von links her in den Emsbach, damals Emisa genannt, einmündet.

Im ganzen Mittelalter hieß der Ortsname Werse, erst nach dem 30-jährigen Krieg bürgerte sich der Name Werschau ein. Als die Linie der Grafen vom Niederlohngau 966 ausstarb, tritt etwa das Geschlecht der Isenburger, die im Erbgang über die Grafen von Luxemburg und Lonnigen Besitzer der Burg in Limburg wurden. Diese wurden 1322 durch den Kurfürsten von Trier mit den Dörfern Elz, Oberbrechen, Bergen und Netzbach belehnt. Aus Geldnot verpfändeten jedoch diese den Besitz wieder weiter, so daß die Besitzverhältnisse verworren werden. Oberbrechen, Werschau mit Bergen und Neesbach bilden für Trier eine Einnahmequelle und Eufingen, Linter und Lindenholzhausen eine solche für das Limburger Stift. Auch sind um diese Zeit fremde Adelsgeschlechter im Besitz größerer Teile einzelner Gemarkungen, so die Herren von Dehrn, die ihren Besitz in Werschau an Limburger Bürger verkauften. Um diese Zeit hört man auch von den Zäunen, mit denen Werschau umgeben war und 100 Jahre später (1498) von einem Graben, der das Dorf sicherte und einer Pforte, die in die Siedlung hineinführte. In dieser Zeit war Werschau auch der Sitz eines kleinen Adelsgeschlechtes, das zuerst den Namen von Werse, dann sich Herrn von Wersch nannte. Seit 1350 führt es den Namen Reuß von Werse. Erstmals wird diese Familie 1258 genannt und 1317 verkauft Herr Heinrich von Werse seinen Werschauer über den Westerwald in die Gegend von Siegburg abgewandert. Nach Dr. Gensicke sind noch heute Nachkömmlinge derselben im Westerwald in Hatzbach (Unterwesterwald) und Schönberg Nöllingen begütert. 1848 sind die Reuß von Werse, die zuletzt in Böhmen ansässig waren, ausgestorben.

Die Diezer Grafen besaßen seit langem die Gerichtsbarkeit über große Teile unserer Heimat. So waren sie auch die Gerichtsherren von Werschau und unterhielten für die Einwohner von Bergen und Werschau ein landesherrliches Gericht.

Schultheiß und Schöffen zu Werschau werden erstmals 1316 genannt und sind auch 1336 noch zuständig.

Die Zugehörigkeit zu Diez hörte erst 1564 nach dem Diezer Vertrag auf und die Diezer Rechte an Werschau werden nach dieser Zeit nicht mehr erwähnt. Die Zugehörigkeit zu Diez brachte es mit sich, daß die Berger Gemarkung, als Bergen nach 149o nicht mehr existierte, der Gemarkung von Niederbrechen zugeschlagen wurde.

Von da an blieb Werschau bei Kurtrier. Dieser Zugehörigkeit ist es zu verdanken, daß Werschau in der Reformation katholisch blieb, während alle Nachbarorte, die auch weiterhin im Einflussbereich der Diezer lagen, zum neuen Glauben übertreten mußten.

1803 kam Werschau zu Nassau, 1866 wurde es preußisch, dann gehörte es zum Deutschen Reich und nach dem II. Weltkrieg ist es hessisch.

Autor: Dr. H. Gensicke

Quelle: Inform Brechen, 19.09.1975

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