Eichkapelle (Mariahilfkapelle bzw. Kapelle zur heiligen Eich)

Die bekannteste der großen Oberbrechener Kapellen, weil tagtäglich im Blick der Reisenden zwischen Oberbrechen und Niederselters, ist wohl die Mariahilfkapelle an der Bundesstraße 8 nach Niederselters, besser bekannt als Kapelle zur heiligen Eich oder Eichkapelle. Ihr Vorläufer war wohl ein Muttergottesbild an einer Eiche. Ein Kaufmann soll der Überlieferung zufolge das Bild dort als Dank für die Rettung vor Räubern angebracht haben. Neben der 1604 erstmals erwähnten „heiligen Eich“ soll schon vor dem 30-jährigen Krieg eine Kapelle erbaut worden, in den Kriegswirren aber bereits wieder zerstört worden sein. An ihrer Stelle wurde eine Fachwerkkapelle errichtet. Anfang des 18. Jahrhunderts war auch die Eiche umgefallen, wie in einer Stiftungsurkunde von 1728 vermerkt ist.
In jenem Jahr wurde für den verstorbenen Oberamtmann des Amts Limburg, Freiherr Wilhelm Lothar von Hohenfeld, ehedem im Camberger Amthof wohnend, eine mit 200 Gulden dotierte Seelenmesse in der Pfarrkirche zu Oberbrechen gestiftet, die er „zu einer Kapelle in der Oberbrechener Pfarrei an der sogenanter, nun aber umbgefallener, heilligen Eych“ vermacht hatte. Das Stiftungskapital, so weiß die Chronik, wurde 1744 und 1747 für Hypotheken auf Zins verliehen. 1811 lieh sich sogar die Gemeinde Oberbrechen einen Teil des Geldes. Besondere Rechnungen über die Einkünfte der Kapelle sind von 1745 und 1804 bekannt. 1903 betrug das Kapital noch 376,29 Mark.
Um 1800 war übrigens, so hat der frühere Pfarrer Friedrich Brinkmann in einer Beschreibung der Kapellen festgehalten, an der Eichkapelle der zweite Altar der Fronleichnamsprozession. Die hatte damals einen weiten Weg, befand sich doch der erste Altar in der Kapelle der schmerzhaften Muttergottes am heutigen Friedhof, der dritte in der Schultheißenkapelle am Denkmalsplatz und der vierte auf dem Kirchhof an der Kirche.
Baufällig geworden, wurde der Fachwerkbau 1877 abgerissen und durch die heutige neugotische Kapelle ersetzt. Wände und Decke wurden hergerichtet und das Dach instand gesetzt. Der Altar und die aus der alten Kapelle übernommene barocke Marienfigur mit dem Jesuskind wurden ebenfalls restauriert. Sie wurde bei einem Einbruch in den 1960er Jahren gestohlen, nachdem die Eichkapelle schon in den 1850er und 1860er Jahren Ziel von Einbrechern gewesen war. Auch später noch wurde sie wiederholt von Einbrechern heimgesucht, die unter anderem den Altaraufsatz stahlen.
Heilung gefunden
In den früheren Zeiten war das kleine Marienheiligtum für die Menschen aus Oberbrechen und der Umgebung ein beliebter Wallfahrtsort, an dem sich der Überlieferung zufolge in den 1950er Jahren ein Wunder ereignet haben soll. Eine kranke Frau aus Köln, die von ihrem Mann zu dem Gnadenbild gebracht worden war, soll dort geheilt worden sein.
Ein treuer Besucher der Eichkapelle war der Limburger Bischof Peter Josef Blum, von 1840 bis zur Wahl zum Bischof im Jahr 1842 Pfarrer in Oberbrechen. Oft ließ er sich sonntags mit der Chaise nach Oberbrechen fahren, um an der Mariahilfkapelle zu beten.
Weil sie dem lange geplanten Bau der B-8-Umgehung weichen sollte, wurde die Eichkapelle sich in der Folgezeit mehr oder weniger selbst überlassen und verwahrloste entsprechend. Da sich der Straßenbau aber immer weiter verzögerte, nahmen 1988 freiwillige Helfer die Renovierung des alten Marienheiligtums in Angriff und führten sie, wie die Pfarrchronik vermerkt, mit viel Liebe aus. Die Firma Rudloff, deren Seniorchef Walter Rudloff sich mit federführend für die Renovierung engagierte, fertigte einen neuen schlichten Altaraufsatz an, auf dem seitdem eine Lourdes-Madonna steht.
Dank einer glücklichen Fügung in Form einer Änderung des neuen Straßenverlaufs konnte die Eichkapelle, die abgerissen und an anderer Stelle neu aufgebaut hätte werden sollen, an ihrem angestammten Platz bleiben. Und weil sie die Kosten für Abriss und Wiederaufbau sparte, steuerte die Straßenbauverwaltung 4000 Euro für die spätere Grundsanierung der Kapelle bei. Am 15. August 1988, dem Fest Maria Himmelfahrt, wurde die Eichkapelle mit einer Feier eingeweiht. Bis zur Änderung der Prozessionsroute war das kleine Heiligtum freitags nach Pfingsten auch eine Statio der Walldürn-Wallfahrer, nach genau der Hälfte des Wegs von Köln nach Walldürn.
Neue Eiche gepflanzt
Die Frage nach der Zukunft der Eichkapelle war knapp 20 Jahre später mit einer der Auslöser einer Privatinitiative für ihre dringend erforderliche Grundsanierung, die 2005/2006 unter der Federführung des Verschönerungsvereins und von Magda Sabel mit vielen freiwilligen Helfern in Angriff genommen wurde. Die Planung hatten die drei Oberbrechener Architekten Paul Wagner, Günter Staat und Werner Roth jr. übernommen. Massive Feuchtigkeitsschäden und Ausblühungen machten es notwendig, den Außenputz komplett zu entfernen. Die im Mauerwerk eingelagerten Salze konnten nur durch einen Entfeuchtungsputz abgeleitet werden. Im erdüberdeckten Außenwandbereich wurde eine Feuchtigkeitssperre eingebracht, für das Oberflächenwasser eine Drainageleitung zum Straßengraben verlegt und die Baugrube mit Schotter verfüllt. Fenster und Tür wurden überarbeitet, wobei die Fenster farbig eingefasst wurden, Risse im Kreuzgratgewölbe wurde freigelegt und neu verputzt, schadhafter Innenputz erneuert, die Innenflächen neu angestrichen, der Sandsteinfußboden gereinigt und imprägniert und die sandsteinerne Eingangsschwelle freigelegt, das Naturschieferdach wurde repariert und die Wasserspeier durch Fallrohre ersetzt sowie ein befestigter Vorplatz angelegt. Instandgesetzt wurden auch der Altar samt Aufbau und die Madonnenstatue, deren Aufarbeitung wie schon 1988 von Josef Rudloff ausgeführt wurde, dem diese Aufgabe ein Herzensanliegen war.
Feierlich wiedereingeweiht wurde das Marienheiligtum am 2. September 2006 vom damaligen Pfarrer Armin Sturm, und wieder umrahmte der MGV „Eintracht“ die Feier mit seinem Gesang.
Zwar kehrt die Eichkapelle nun dem Straßenverkehr den Rücken, doch ist sie wie ehedem ein beliebtes Ziel für Spaziergänger und Beter, ein Ort der Einkehr und Ruhe. Zum Rasten lädt eine vom Verschönerungsverein geschaffene kleine Anlage auf der anderen Wegseite ein. Dies im Schatten einer Eiche, die zur Erinnerung an die erste, die heilige Eich, gepflanzt wurde.

(Text und Bilder aus: Ursula Königstein: „Sollen alle Knie sich beugen“, S. 8-11)

Siehe auch: Ein Kranz von Kapellen um und in Oberbrechen

Quelle: Ursula Königstein: Sollen alle Knie sich beugen. Kapellen, Bildstöcke und Kreuze als Zeichen christlichen Glaubens in der Gemeinde Brechen. Hrsg. Von der Gemeinde Brechen / Gemeindearchiv 2021, 80 S.)

 

 

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