„Oberbrechen, das große Dorf im Goldenen Grund, hat viele Wahrzeichen und Denkmäler christlichen Glaubens. Vier alte Kapellen stehen auf seinen Höhen, zahlreiche Bildstöcke, Stationen und Kreuze an seinen Straßen und Wegen“ beginnt ein Zeitungsartikel aus den 1950er Jahren. Dank der Renovierungen, die während der Amtszeit von Pfarrer Alois Kunz vorgenommen wurden, sind sie „heute wieder, was sie vor Jahrhunderten waren: Stätten des Gebetes und Trostes.“ Zwei weitere Kapellen, die eine am Waldrand, die andere in der Dorfmitte, die in dem Zeitungsbericht nicht erwähnt werden, befanden sich zu dieser Zeit in Privatbesitz, letztere bis heute. Ob nicht dieser Kranz von Kapellen, der das Dorf umgibt, Oberbrechen und seine herrliche Pfarrkirche im zweiten Weltkrieg vor der Zerstörung gewahrt habe, fragte sich Pfarrer Kunz nach dem Kriegsende 1945. Dieser Gedanke sei nicht von der Hand zu weisen, notierte er in der Pfarrchronik.
Kurz vor Kriegsbeginn, im Spätsommer und Herbst 1938, hatte die Pfarrgemeinde ihre Kapellen alle restaurieren lassen: die Friedhofskapelle, die Kapelle der schmerzhaften Muttergottes, die Eichkapelle, die Antoniuskapelle und die Johanneskapelle. „Viel Arbeit und größere Kosten verursachten vor allem die Eichkapelle und Johanneskapelle“, so die Chronik. Die Eichkapelle erhielt eine einfachere und schlichtere Form. Die vier Ecktürmchen, die nach Auffassung des Pfarrers keineswegs eine Zierde der Kapelle und der Landschaft darstellten und immer wieder das Dach stark beschädigt hätten, wurden entfernt. Das Dach wurde neu gedeckt und an der Vorderseite einfaches schmiedeeisernes Kreuz angebracht. „Außerdem erhielt diese Kapelle neue Kändel und neuen Außenputz. Der Altar und die kleine Madonna wurden polychromiert.“ Die Renovierung kostete 600 bis 700 Reichsmark. Die Mittel für die Restaurierung aller Kapellen wurden durch Kollekten aufgebracht sowie durch „einen namhaften Beitrag unseres bekannten Wohltäters, Herrn Trost in Düsseldorf.“ Feierlich eingeweiht wurde die Johanneskapelle am 16. Oktober 1938. Im Jahr darauf, 1939, führte die erste Bittprozession zur neu aufgebauten Johanneskapelle.
Beim heilgen Stock
Die ersten Zeugnisse von Bildstöcken, Heiligenhäuschen und Kapellen in der Gemarkung Oberbrechen sind um das Jahr 1590 Flurnamen „beim Heiligenhaus“ und „beim heilgen Stock“. Wie Dr. Hellmuth Gensicke in der Geschichte von Oberbrechen schreibt, sei noch 1654 von dem heiligen Stock an der Gemarkungsgrenze „so von Oberbrechen uf Dauborn gehet, an den Landstraßen gestanden“ berichtet worden. Der Zimmermann Thönges Muthen habe wohl, so erinnerte sich damals ein Zeuge, vor 50 Jahren, etwa um 1604, „drei neue heilige Stöck … verfertiget und einer ahn die hohe Straß, als obgemelt, der ander hinter der Altbach an der Hohlen, der dritte oberst der obristen pfortthen ufgerichtet.“ An diesen drei Stöcken sei bei Flurprozessionen das Evangelium gesungen worden. Einige weitere zufällige ältere Nachrichten finden sich in Grundstückbeschreibungen, zum Beispiel „im Oberfeld gleich oben am Bildstock in dem Mannbecher weeg“. Andere Hinweise finden sich in den alten Flurnamen. Dies gilt auch, so der Chronist, für die Heilige Treppe im Weyerer Feld. Dort war wohl eine bescheidene Nachbildung der Heiligen Treppe in Rom angelegt worden, die zuerst 1719 „uff der Obbach bey der heyligen trapp“ erwähnt wurde. Auf ihre Existenz verweist nur noch der Gemarkungsname.
Von 1824 bis 1927 werden immer wieder die Muttergottes-, die Mariahilf- und die Johanneskapelle sowie von 1824 bis 1916 die Schultheißenkapelle genannt. Von der Antonius- und der Herz-Jesu-Kapelle ist nur 1927 die Rede. 1786 heißt es in alten Unterlagen von Oberbrechen: „keine öffentlichen Kapellen, auch keine Hauskapellen, nur einige Oratoria, die nicht fundiert, sondern von den Familien im Gebäude unterhalten werden. Eine hat man befohlen eingehen zu lassen, weil sie von niemand unterhalten wird.“
Siehe auch:
- Antoniuskapelle
- Eichkapelle (Mariahilfkapelle bzw. Kapelle zur heiligen Eich)
- Herz-Jesu-Kapelle am „Stein“
- Johanneskapelle
- Muttergotteskapelle
- Schultheißenkapelle
Quelle: Ursula Königstein: Sollen alle Knie sich beugen. Kapellen, Bildstöcke und Kreuze als Zeichen christlichen Glaubens in der Gemeinde Brechen. Hrsg. Von der Gemeinde Brechen / Gemeindearchiv 2021, 80 S.)
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